Der syrische Präsident Baschar al-Assad hat erstmals offiziell bestätigt, dass er die Chemiewaffen des Landes unter internationale Kontrolle stellen will. Syrien werde zudem den Vereinten Nationen Dokumente zur Vorbereitung eines Chemiewaffenabkommens vorlegen, kündigte Assad in einem am Donnerstag in Auszügen veröffentlichten Interview des staatlichen russischen TV-Senders Rossija-24 an.
Die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, wollen mindestens bis Freitag in Genf über das weitere Vorgehen verhandeln. Russland wolle bei dem Treffen einen Vier-Stufen-Plan zur Vernichtung der Chemiewaffenarsenale in dem Bürgerkriegsland vorschlagen, verlautete aus Moskau.
Demnach soll sich Syrien in einem ersten Schritt der internationalen Chemiewaffenkonvention anschließen, was das Assad-Regime jüngst angekündigt hatte. Die zweite Stufe sei die Offenlegung der Lager- und Produktionsstätten. In einem dritten Schritt sollen Inspekteure die Arsenale begutachten. Die vierte Etappe schließlich befasse sich mit der Vernichtung der Waffen, wobei Russland und die USA kooperieren könnten.
Russlands Außenminister Lawrow sagte vor dem Treffen: "Ich bin überzeugt, dass es eine Chance für Frieden in Syrien gibt." Kerry kam dort gegen Mittag an. Die syrischen Regimegegner lehnen Russlands Vorschlag rundweg ab. Die oppositionelle Nationale Syrische Allianz erklärte in Istanbul, eine solcher Kompromiss könne Staaten wie Iran und Nordkorea ermutigen, Massenvernichtungswaffen herzustellen und zu verbreiten.
Massive neue Kämpfe erwartet
Die Suche nach einer diplomatischen Lösung für den Bürgerkrieg in Syrien könnte Experten zufolge massive neue Kämpfe im Land zur Folge haben. Das renommierte Internationale Institut für strategische Studien (IISS) rechnet mit einer Zuspitzung für die kommenden Wochen. "Unter den Rebellen herrscht ein starkes Gefühl der Mutlosigkeit und Verlassenheit", sagte IISS-Nahostexperte Emile Hokayem am Donnerstag in London. Das Regime werde sich diese Passivität seiner Gegner zunutze machen.
Bei dem Giftgaseinsatz in Vororten von Damaskus am 21. August waren nach Angaben der US-Regierung mehr als 1400 Menschen ums Leben gekommen, darunter Hunderte Kinder. Dafür, dass der Angriff tatsächlich auf Assads Konto ging, gibt es bislang keine unumstößlichen Beweise. Klarheit sollen die Ergebnisse der UN-Chemiewaffeninspekteure schaffen. Die Vereinten Nationen wollen weiterhin keinen Termin für die Veröffentlichung des Berichts der UN-Experten zu dem Giftgaseinsatz nennen. Nach Angaben des französischen Außenministers Laurent Fabius soll er am Montag veröffentlicht werden.
Eine Beilegung der Chemiewaffenkrise bedeutet längst nicht das Ende des blutigen Bürgerkriegs in Syrien mit inzwischen mehr als 100.000 Toten. Regimegegner meldeten am Donnerstag Luftangriffe und Gefechte in zehn Provinzen. Russland, enger Verbündeter Syriens, hatte sich als Vetomacht im Weltsicherheitsrat bislang sämtlichen Sanktionen gegen das Assad-Regime widersetzt.
dpa/okr - Bild: sana/afp