Russland hat als Zugeständnis an die USA seinen engen Verbündeten Syrien zur Vernichtung der Chemiewaffen aufgefordert. Die Führung in Damaskus müsse zudem der Chemiewaffenkonvention beitreten, forderte Außenminister Sergej Lawrow am Montag in Moskau. Wenn dies helfe, einen US-Militärschlag zu verhindern, werde sich Russland bei dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad dafür einsetzen. US-Präsident Barack Obama hatte beim G20-Gipfel in St. Petersburg Ende der Vorwoche betont, dass im Syrien-Konflikt die Chemiewaffen die größte Sorge seines Landes seien.
Obama wollte am Montagabend (Ortszeit) mit zahlreichen TV-Interviews den Widerstand in der Bevölkerung und im Kongress gegen seine Syrien-Pläne brechen. Die US-Regierung plant bislang, das Regime von Baschar al-Assad für einen mutmaßlichen Giftgasangriff mit mehr als 1400 Toten bei Damaskus zu bestrafen. Die in der Frage tief gespaltenen Parlamentarier sollen in den kommenden Tagen über die Resolution beraten, auf deren Grundlage Washington militärisch intervenieren will.
Auch UN-Generalsekretär fordert Vernichtung
Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will Syrien zur Herausgabe und Vernichtung seiner Chemiewaffen auffordern. Sollte der Bericht des UN-Expertenteams ergeben, dass solche Waffen in dem Bürgerkriegsland eingesetzt worden seien, dann werde er den Sicherheitsrat um diese Forderungen bitten, sagte Ban in New York. "Ich überlege, den Sicherheitsrat zu bitten, dass er Damaskus zur sofortigen Übergabe der chemischen Waffen an Orte in Syrien auffordert, wo sie sicher gelagert und zerstört werden können."
Die russische Führung hatte bislang jegliche Verantwortung des Assad-Regimes für Giftgansangriffe bestritten. Der Vorstoß von Außenminister Lawrow kam am Montag überraschend. "Wir haben bereits unseren Vorschlag dem syrischen Außenminister Walid al-Muallim übergeben und setzen auf eine schnelle, wie ich hoffe, positive Antwort", sagte Lawrow bei einer eilig angesetzten Pressekonferenz. Sein syrischer Kollege hatte am Montag Moskau besucht.
"Wir fordern die syrische Führung auf, die Chemiewaffen nicht nur unter internationale Kontrolle zu stellen, sondern auch später zu vernichten", sagte Lawrow. Außerdem solle sich Syrien der Organisation über das Verbot dieser Waffen anschließen.
Außenminister warnen vor US-Militärschlag
Die Außenminister Russlands und Syriens haben bei einem Treffen in Moskau die USA erneut mit Nachdruck vor einem Militärschlag gegen die Führung in Damaskus gewarnt. Ein US-Angriff gefährde auch das Leben russischer Staatsangehöriger in dem Bürgerkriegsland, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag der Agentur Interfax zufolge. "Das beunruhigt uns", sagte der Chefdiplomat im Beisein seines syrischen Kollegen Walid al-Muallim.
"Es gibt keine Alternative zu einer friedlichen Lösung des syrischen Konflikts", betonte Lawrow. Ein militärisches Eingreifen sei unzulässig. Russland lehnt eine eigene Beteiligung an dem Krieg ab, unterstützt das Regime von Baschar al-Assad aber mit Waffen.
Es gebe "mehr als ausreichend" Beweise, dass syrische Rebellen und nicht Regierungstruppen für den angeblichen Chemiewaffeneinsatz im August verantwortlich seien, behauptete Lawrow. Als Beispiel nannte er Berichte von Augenzeugen sowie Videoaufzeichnungen. Russland werde sich auf keinen "Kuhhandel" mit den USA einlassen. "Wir treten weiter konsequent für eine Friedenskonferenz ein", sagte Lawrow.
Teilnahme an der geplanten Genfer Friedenskonferenz
Syriens Außenminister Walid al-Muallim bekräftigte die Bereitschaft zur Teilnahme an der geplanten Genfer Friedenskonferenz zur Lösung der Krise. "Es ist aber möglich, dass eine Rakete fliegt und diese Konferenz platzt", sagte er.
Der Vorsitzende der Staatsduma in Moskau, Sergej Naryschkin, kündigte für die nächsten Tage einen Beschluss des russischen Parlaments zu Syrien an. "Wir bedauern sehr, dass die US-Kollegen unser Dialogangebot ausgeschlagen haben. Vermutlich sind sie sich der Schwäche ihrer Argumente bewusst", sagte Naryschkin.
Kremlchef Wladimir Putin hatte am Freitag erklärt, dass Russland seinem Verbündeten Syrien im Falle eines US-Angriffs helfen wolle. Er ließ aber offen, wie dies aussehen soll. Ein Gesetz von 2009 würde eine Militäraktion zum Schutz eigener Bürger in Syrien erlauben.
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dpa/mh - Bild: Yuri Kadobnov (afp)