Nach mehr als zwei Jahrzehnten in der Todeszelle ist eine gebürtige Berlinerin aus dem Gefängnis im US-Wüstenstaat Arizona freigekommen. Debra Milke konnte am Freitag die Haftanstalt in Phoenix gemeinsam mit ihrem Anwalt verlassen, sagte ein Gefängnissprecher der dpa. Unterstützer hinterlegten ihre Kaution von 250.000 Dollar (etwa 190.000 Euro), wie die Lokalzeitung «Arizona Republic» berichtete.
«Ich bin davon so überwältigt, ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll», habe sie ihrem Anwalt Mike Kimerer nach der Entscheidung verblüfft gesagt, berichtete die «Arizona Republic». Milke habe vor Freude geweint. Bis zur Fortsetzung ihres Berufungsprozesses, dessen Zeitpunkt noch offen ist, ist die 49-Jährige unter Einschränkungen auf freiem Fuß. Milke war 1991 verurteilt worden, weil sie 1989 zwei Männer zur Ermordung ihres vierjährigen Sohnes angestiftet haben soll. «Die Beweise reichen nicht aus und die Wahrscheinlichkeit ist nicht groß genug, dass die Angeklagte die ihr zur Last gelegten Verbrechen begangen hat», begründete Richterin Rosa Mroz am Maricopa County Gericht ihre Entscheidung.
Milke muss allerdings die Kaution aufbringen und ein Gerät bei sich tragen, mit dem sie jederzeit aufzufinden ist. Außerdem gelten für sie feste Zeiten, an denen sie in dem Haus sein müsse, das Freunde ihr nach einem Online-Bericht der «Arizona Republic» in der Stadt Phoenix zur Verfügung stellen.
Debra Milkes Mutter Renate Janka, die ein Buch über den Fall geschrieben hat, kämpft seit Jahren für ihre Tochter - unterstützt von Prominenten wie Uschi Glas, Günther Jauch oder Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker. «Das ist ein ganz, ganz großer Gewinn. Wir freuen uns», sagte Glas der Nachrichtenagentur dpa am Freitag. «Für mich war immer klar, dass sie unschuldig ist.» Laut einem Bericht der «Bild»-Zeitung will die Schauspielerin Milke in den USA besuchen.
Milke war 1964 als Tochter einer Deutschen und eines US-Soldaten in Berlin geboren worden. Das Urteil gegen Milke war stets umstritten, weil es fast ausschließlich auf einem Geständnis basierte, das Milke nie abgelegt haben will. «Ich bin unschuldig», hatte sie etwa in einem Interview mit der Lokalzeitung «New Times» beteuert. Ihr Ex-Mann sagte dem TV-Sender Fox News, Milke sei hinter Gittern besser aufgehoben.
Ein Berufungsgericht in San Francisco hatte das Urteil schließlich im vergangenen März aufgehoben: Es gebe keine direkten Beweise oder Augenzeugen, die Milke mit der Tat in Verbindung gebracht hätten. Nach Angaben des zuständigen Sheriffs Joe Arpaio stand Milkes Freilassung vor dem Wochenende nichts im Wege. Er betonte aber, dass sie auf keinen Fall mit der Presse sprechen werde und über ihren Aufenthaltsort keine Angaben gemacht würden.
Es ist bislang unklar, wann das neue Hauptverfahren beginnt. Milke musste nach Anweisung des Berufungsgerichts auf freien Fuß gesetzt werden, wenn der Prozess nicht bis zum 7. Oktober beginnt. Die Richterin will nach Medienberichten zunächst entscheiden, ob sie die Aussage eines Hauptbelastungszeugen als Beweismittel zulässt. Der Ermittler hatte im ursprünglichen Prozess ausgesagt, dass Milke ihm die Mitschuld an dem Mord gestanden habe. Für diese Behauptung gibt es aber weder Beweise noch Zeugen. Der Polizist hatte überdies seitdem in anderen Fällen vor Gericht falsch ausgesagt.
dpa/sh