Griechenland wird nach Worten von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem im nächsten Jahr wohl ein drittes Hilfspaket brauchen. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass Griechenland am Ende des laufenden Programms weitere Unterstützung benötigen wird", sagte Dijsselbloem am Donnerstag im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments in Brüssel. Wie dies aussehen könnte, sei offen.
"Ich habe nicht über neue Kredite für Griechenland gesprochen", betonte der Eurogruppenchef - also Geld aus dem Euro-Rettungsschirm. "Es ist viel zu früh, um über den Umfang oder die Bedingungen eines möglichen neuen Programms zu reden." Seit Wochen sind neue Griechenland-Hilfen Thema im deutschen Bundestagswahlkampf.
Der Eurogruppenchef stellte in Aussicht, dass die Euro-Partner der Regierung in Athen bei den Schulden entgegenkommen könnten. So sei denkbar, die Zinsen für Athens Kredite zu senken oder Griechenland den Zugang zu EU-Fördergeldern zu erleichern.
"Wir [die Eurogruppe] stehen bereit, mehr zu tun - unter der Voraussetzung, dass Griechenland alle Bedingungen erfüllt", sagte Dijsselbloem in der Fragestunde der Abgeordneten. Das Land müsse etwa weitere Reformen umsetzen. Eine Entscheidung könne aber erst auf der Grundlage neuer Zahlen getroffen werden, dies werde im April 2014 der Fall sein.
Keine Zahlen zum Finanzbedarf Athens
Zahlen zum Finanzbedarf Athens nannte der Eurogruppenchef nicht. Der griechische Finanzminister Ioannis Stournaras hatte den voraussichtlichen Fehlbetrag im derzeitigen Rettungsprogramm auf rund zehn Milliarden Euro beziffert.
Nach Worten Dijsselbloems kommt die griechische Wirtschaft voran, jedoch bleibe die Lage schwierig. "In Bezug auf ein mögliches drittes Programm für Griechenland ist klar, dass trotz jüngster Fortschritte Griechenlands Probleme nicht - und ich wiederhole - nicht 2014 komplett gelöst sein werden."
Der Eurogruppenchef und niederländische Finanzminister betonte, dass ein Austritt Griechenlands aus dem gemeinsamen Währungsraum keine Option sei. "Es gibt Einstimmigkeit in der Eurogruppe, dass die Intaktheit der Eurozone gewahrt wird." Es helfe Schuldenstaaten nicht, den Währungsraum zu verlassen und ihre alte Währung wieder einzuführen und abzuwerten. "Die Abwertung ist keine Methode [...], um Probleme der Wettbewerbsfähigkeit oder andere Strukturprobleme der Wirtschaft zu lösen", so Dijsselbloem.
Einige Ökonomen halten den Schuldenstand des Krisenlandes auf Dauer für nicht tragbar und plädieren für einen zweiten Schuldenschnitt, bei dem auch Deutschland auf Geld verzichten müsse. Griechenland ist selbst nach zwei Hilfsprogrammen in Höhe von insgesamt 240 Milliarden Euro und einem Schuldenschnitt nicht aus dem Schneider.
Auch Irland kann nach Dijsselbloems Worten darauf hoffen, weitere Unterstützung zu bekommen, wenn es sich ab Januar 2014 wieder an den Finanzmärkten finanzieren will. "Es wird Maßnahmen geben, um Irland zu unterstützen, wenn es das Hilfsprogramm verlässt", versprach der Eurogruppenchef. "Ich kann keine Details nennen." Die Eurogruppe werde im November über das weitere Vorgehen im Falle Irlands entscheiden. Irland bekommt ein Hilfspaket von 85 Milliarden Euro.
Marion Trimborn, dpa/rkr - Bild: John Thys (afp)
Nachdem Schäuble die Katze teilweise aus dem Sack gelssen hatte, ist nach dieser Aussage des Herrn Dijsselbloem auch Kanzlerin Merkel gezwungen, endlich Klartext zu reden, statt das Problem herunterzuspielen.
Wer ist so blauäugig und hat etwas anderes erwartet? Nur der Zeitpunkt war und ist auch noch nicht klar. Auch ein weiterer Schuldenschnitt ist m.E. unausweichlich. Aber wieso lastet man das nun alles nur Merkel an, und nicht auch der rot-grünen Koalition 1998-2005), die den Beitritt Griechenlands zur Eurozone (2004) ermöglicht hat? Und was wäre, wenn die Schuldenstaaten nicht sparen müssten, sondern weiter mehr Schulden machen dürften, wie es die SPD vorschlägt?: Wir würden zwar höhere Zinsen für unsere Spargroschen bekommen (da die Schuldzinsen wegen des Risikos steigen), aber die Geldentwertung würde in noch größerem Galopp davoneilen, wodurch die Kaufkraft sinken würde.
Deutschland geht es gut, Belgien in deren Windschatten auch relativ besser (D = größter Exportkunde). Was will man mehr? Die Entwicklung bzw. Stabilität Deutschlands in der Krise neiden viele andere Staaten und Merkel ist im Ausland mehr respektiert, als in Deutschland. Beim Beitritt Griechenlands zur Eurozone werden sie jedenfalls bedeutend kritischer gewesen (auch als die damalige CDU), da bin ich mir jedenfalls ganz sicher. Sie ist eben eine intelligente Frau mit reichlich Chuzpe...
"Euro-Raum Griechenland erschwindelte Euro-Beitritt", wusste die FAZ schon am 16.11.2004!!
"16.11.2004 · Griechenland hätte den Euro nicht einführen dürfen, das Haushaltsdefizit lag zwischen 1997 und 1999 über drei Prozent. Konsequenzen aus dem Schwindel sind aber keine zu erwarten."
Siehe auch heutige Anne-Will-Sendung im ZDF : "Der große Euro-Schwindel - Kommt die Wahrheit nach der Wahl?"
Bitte lesen . "Beim Beitritt Griechenlands zur Eurozone WÄRE sie jedenfalls bedeutend kritischer gewesen... "
@Frank Bosch: Ich hätte es nicht besser formulieren können. Stimme Ihnen zu 100% zu.
Vielleich noch folgendes als Ergänzung: Die Maastricht-Kriterien wurden seinerzeit auf Drängen der Regierung Kohl/Waigel formuliert und von allen Vertragspartnern akzeptiert, vor allem, um nachlässige Staaten (man dachte wohl vorwiegend an den Club Med) zu Haushaltsdisziplin zu zwingen. Meines Wissens wurde auch zweimal gegen Staaten (Portugal und Irland) ein Verfahren wegen Verstoßes gegen den Stabilitätspakt eingeleitet. Als dann Anfang des Jahrtausends auf einmal auch gegen Musterschlüler Deutschland ein Verfahren drohte (vor 10 Jahren galt Deutschland als der kranke Mann Europas, man erinnere sich) und nicht sein konnte was nicht sein durfte, wurden kurzerhand die Regeln gelockert. Das Ergebnis ist bekannt.
Angesichts dieser Historie mutet es schon ein wenig skurril an, wenn Herr Steinbrück und die SPD der CDU erklären wollen, wie europäische Solidarität auszusehen hat. Honi soit qui mal y pense.
Die EU hat gegen jeden besseren Wissens Griechenland aufgenommen, das ist schlimm genug.
Schlimmer noch ist allerdings die Tatsache, dass man sich bis heute weigert etwas daraus zu lernen.
.
Bulgarien und Rumänien sind auch heute noch nicht beitrittsfähig und dürften gar nicht in der EU sein. Mittlerweile schicken sich Teile dieser Bevölkerung an, die Sozialsysteme der restlichen EU-Staaten zu sprengen.
Nun endlich dazugelernt? Mitnichten!
Gegen jede Vernunft wurde nun Kroatien aufgenommen, obschon auch dieses Land bis heute die Beitrittskriterien nicht erfüllt. Stellt sich die Frage, warum man überhaupt Kriterien festlegt, wenn sie eh nicht angewendet werden.
Dabei ist das noch gar nichts gegen den Supergau, der unweigerlich auf die EU zurollt, wenn sich die die realitätsresistenten EU-Versager durchsetzen und die Türkei zum Vollmitglied machen.
Jeder kann Fehler machen, obschon sie in diesem Bereich mit den weitgehenden Konsquenzen für alle Bürger eigentlich nicht entschuldbar sind, aber diese zu wiederholen, ohne jede Bereitschaft aus den bereits gemachten Fehlern zu lernen, ist schon kriminell.