Nach 22 Jahren Arbeit in Somalia zieht sich die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) wegen dauernder Übergriffe auf Mitarbeiter und der großen Unsicherheit aus dem Krisenland zurück. "Indem bewaffnete Gruppen Mitarbeiter von Hilfsorganisationen töten, angreifen oder entführen, haben sie und die zivilen Autoritäten, die deren Vorgehen tolerieren, das Schicksal unzähliger Menschen in Somalia besiegelt", sagte MSF-Präsident Unni Karunakara.
Die Organisation beende ihre Hilfsprojekte, "weil die Situation im Land zu einem unhaltbaren Ungleichgewicht geführt hat zwischen den Risiken, die unsere Mitarbeiter eingehen müssen, und unseren Möglichkeiten, der somalischen Bevölkerung zu helfen", fügte er hinzu. Zuletzt beschäftigte MSF in Somalia rund 1500 Menschen, die Hunderttausende Kranke und Verletzte versorgten.
Seit 1991 16 Mitarbeiter gestorben
Seit Beginn des MSF-Einsatzes in Somalia im Jahr 1991 seien 16 Mitarbeiter ums Leben gekommen, hieß es weiter. Zu den jüngsten Vorfällen zählten die Tötung eines belgischen und eines indonesischen Mitarbeiters in Mogadischu im Dezember 2011 und die gewaltsame Entführung von zwei Mitarbeiterinnen aus dem Flüchtlingslager Dadaab in Kenia. Die beiden Spanierinnen kamen erst im Juli nach 21 Monaten Geiselhaft in Süd- und Mittelsomalia frei.
In dem durch einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg zerrütteten Land am Horn von Afrika kämpft die radikalislamische Al-Schabaab-Miliz unvermindert gegen die Regierung. Obwohl sie von der Armee und der Einsatztruppe der Afrikanischen Union AMISOM weitgehend aus Mogadischu vertrieben werden konnte, verübt die Organisation vor allem im Zentrum und im Süden weiterhin brutale Anschläge.
"In Somalia zu arbeiten, bedeutete für Ärzte ohne Grenzen auch, auf bewaffnete Sicherheitsleute zurückgreifen zu müssen", teilte MSF weiter mit. "Dies tut die Organisation in keinem anderen Land."
Die Zivilbevölkerung zahle wie so oft den höchsten Preis und verliere nun noch den letzten Zugang zu medizinischer Versorgung, hieß es weiter. MSF hatte den Menschen jahrzehntelang eine kostenlose medizinische Grundversorgung angeboten, mangelernährte Kinder und Schwangere behandelt, Patienten operiert und Impfungen organisiert.
dpa/cd - Bild: Mokhtar Mohamed (afp)