Neue Enthüllungen im Skandal um die globale Datenspionage des US-Geheimdienstes NSA bringen die Regierung in Washington weiter unter Druck. Ein am Mittwoch veröffentlichtes Dokument des Informanten Edward Snowden untermauert den Vorwurf, dass die NSA praktisch unbegrenzten Zugriff auf Internetdaten der Menschen weltweit habe.
Innenpolitisch versuchte die US-Regierung, mit der Veröffentlichung von Details über die Sammlung amerikanischer Telefondaten die Wogen zu glätten.
Wieder war es die britische Tageszeitung "The Guardian", die die Snowden-Enthüllungen öffentlich machte. Sie stellte eine NSA-Präsentation ins Netz, nach der Mitarbeiter über ein Programm namens "XKeyscore" Zugriff auf gewaltige Datenmengen haben. Dem Dokument von 2008 zufolge können Geheimdienstler in den "enormen Datenbanken" der NSA nach Namen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und Schlagworten suchen. Für die einzelnen Anfragen bräuchten sie keine gesonderte Zustimmung eines Richters oder eines anderen NSA-Mitarbeiters, schreibt der "Guardian".
Auch die Beobachtung der Internetaktivität einzelner Menschen in Echtzeit sei mit "XKeyscore" möglich. Unter anderem könne man die IP-Adresse jedes Besuchers einer bestimmten Website erfassen. Inhalte der Kommunikation würden drei bis fünf Tage lang gespeichert, Verbindungsdaten 30 Tage. Innerhalb eines solchen 30-Tage-Zeitraums im Jahr 2012 seien 41 Milliarden Datenpunkte zusammengekommen.
Der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, beschwichtigt. Carney erklärte, auf alle NSA-Analyseprogramme könnten nur Personen mit besonderer Zugangsberechtigung zugreifen. Es gebe strenge Kontrollen, um zu vermeiden, dass andere zur Datensammlung der NSA Zugang hätten. Behauptungen eines umfassenden und ungeprüften Zugangs seien falsch, betonte Carney.
Die drei vertraulichen Dokumente, die die US-Regierung selbst ins Internet stellte, brachten nichts wirklich Neues ans Licht. Die Berichte aus den Jahren 2009 und 2011 legen nur in groben Zügen offen, unter welchen Voraussetzungen die massive Sammlung von Telefondaten stattfindet, die der Computerspezialist Snowden bereits Anfang Juni enthüllt hatte. Beobachter werten die Veröffentlichung als Versuch, dem wachsenden Widerstand im Kongress wie in der Bevölkerung gegen die massive Überwachung etwas entgegenzusetzen.
Snowden weiter in Moskau
Edward Snowden selbst hält sich seit dem 23. Juni im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf. Auf seiner Flucht vor der US-Justiz bemüht sich der 30 Jahre alte IT-Experte um vorläufiges Asyl in Russland. Unterstützung bekam er am Mittwoch von seinem Vater: "Wenn ich er wäre, würde ich in Russland bleiben", sagte Lon Snowden in einer Sendung des russischen Staatsfernsehens. Er sei stolz auf seinen Sohn. Zudem dankte er Kremlchef Wladimir Putin dafür, seinem Sohn Schutz vor den US-Behörden zu gewähren.
Eine von den USA geforderte Auslieferung Snowdens lehnt Russland kategorisch ab - auch weil es dafür kein Abkommen gebe. Zuletzt hatte US-Justizminister Eric Holder in einem Brief zugesichert, dass Snowden weder Todesstrafe noch Folter befürchten müsse.
dpa/cd - Bild: The Guardian/afp