Eine Woche nach dem Zugunglück mit 79 Toten in Spanien hat die Auswertung der Blackbox die Ermittler vor neue Fragen gestellt - besonders zum Handy-Gespräch des Lokführers.
Noch sei nicht klar, welcher Kollege den Lokführer auf dem Mobiltelefon angerufen und so möglicherweise abgelenkt habe, berichteten spanische Medien am Mittwoch unter Berufung auf Ermittlungskreise. Nach Angaben des Oberlandesgerichts von Galizien steht fest, dass der Anruf nicht vom Bahn-Kontrollzentrum kam.
Die Auswertung der Black Box hatte ergeben, dass Lokführer Francisco José Garzón am Telefon war, als er am vergangenen Mittwochabend wenige Kilometer vor der Einfahrt in den Bahnhof des Pilgerortes Santiago de Compostela mit 192 Kilometern pro Stunde in eine Tempo-80-Kurve fuhr.
Einen technischen Fehler oder Sicherheitsmängel als zusätzliche Ursache des Unfalls schlossen die Regierung und die Chefs der betroffenen Unternehmen aus.
13 Verletzte in kritischem Zustand
Beim schlimmsten Bahnunglück seit 40 Jahren in Spanien starben 79 Menschen. Wie die Regionalregierung von Galicien mitteilte, lagen am Mittwoch, sieben Tage nach der Tragödie, immer noch 13 Verletzte in Santiago im Nordwesten des Landes in kritischem Zustand im Krankenhaus.
Der 52-jährige Garzón muss sich wegen fahrlässiger Tötung in 79 Fällen verantworten. Dass er auf dem Handy sprach, als der Unfall geschah, hatte der Lokführer bei seiner Vernehmung allerdings laut Medien verschwiegen. Die Frage, warum er das tat, beschäftige die Ermittler ebenfalls, hieß es. Garzón wolle "niemanden hineinziehen", zitierte unterdessen die Zeitung "El País" einen Freund des Eisenbahners.
Nach Angaben des Oberlandesgerichts von Galizien wurde Garzón von einem Kollegen der Eisenbahngesellschaft Renfe zwecks Absprache der Fahrt, aber auf inoffiziellem Wege angerufen. Die Auswertung der Blackbox habe zudem ergeben, so das Gericht, dass Garzón während des Telefongesprächs wohl auch auf ein Blatt Papier geschaut habe. Garzón ist zur Zeit unter Auflagen auf freiem Fuß. Gemäß Richterbeschluss muss er sich einmal in der Woche beim Gericht melden. Ihm wurde auch der Reisepass abgenommen. Zudem darf er zunächst sechs Monate lang keine Züge mehr fahren.
Verkehrs- und Bauministerin Ana Pastor teilte mit, sie wolle vor dem Verkehrsausschuss des Parlaments Stellung zum Unglück nehmen. Vorwürfe von Gewerkschaften, Medien und Kollegen des Lokführers, die Sicherheitssysteme an der engen Unglückskurve seien unzureichend, hatte sie mehrfach zurückgewiesen.
dpa - Bild: Rafa Rivas (afp)