Nach fast eineinhalb Jahren Chaos nehmen die Menschen in Mali ihre Zukunft wieder selbst in die Hand: Bei der Präsidentenwahl am Sonntag gab es in dem Krisenland einen großen Ansturm auf die Urnen. Viele kamen schon Stunden vor der Öffnung zu den Wahllokalen, um möglichst früh ihre Stimme abzugeben.
Anfang des Jahres hatten französische Truppen mit malischer Unterstützung die Gewaltherrschaft islamistischer und separatistischer Truppen in Nordmali beendet. Die Wahl soll eine Rückkehr zu demokratischer Normalität einleiten.
Insgesamt 27 Kandidaten bewarben sich um das höchste Staatsamt, darunter auch eine Frau. Als Favoriten gelten der politische Veteran Ibrahim Boubacar Keita (68) und der frühere Finanzminister Soumaila Cissé (63). Das Ergebnis soll vermutlich am kommenden Freitag vorliegen.
"Ich habe schon an vielen Wahlen teilgenommen, aber ich habe noch nie so viele Leute gesehen", sagte der Wähler Daouda Bertet nach der Stimmabgabe in der Nelson-Mandela-Schule in Bamako. "Es scheint so, als hätten die Malier begriffen, dass es Zeit für einen Wandel ist und dass eine Stimmabgabe tatsächlich etwas bewirken kann." In der Vergangenheit war die Wahlbeteiligung in dem westafrikanischen Wüstenstaat meist gering gewesen.
Übergangspräsident Dioncounda Traoré, der die Amtsgeschäfte seit dem Staatsstreich geführt hatte, sprach in einer Botschaft an das malische Volk von einem "historischen Ereignis" und betonte, die Wahlen seien ein deutliches Zeichen für den Willen der Menschen, die Demokratie in Mali wiederherzustellen.
Tausende Soldaten der UN-Truppe Afisma sowie französische Streitkräfte waren im Einsatz, um Anschläge und Gewaltausbrüche zu verhindern. Denn noch am Samstag hatte islamistische Rebellen der "Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika" (Mujao) mit Angriffen auf Wahllokale im Norden gedroht. Sie forderten die Muslime auf, den Urnen fernzubleiben. "Die Sicherheitskräfte durchsuchen alle Wähler systematisch, bevor sie zu den Urnen dürfen", sagte ein Beobachter der unabhängigen nationalen Wahlkommission (INEC). "Sie sind höflich, aber bestimmt."
Bis zum Nachmittag kam es zu keinen nennenswerten Zwischenfällen. Unter anderem waren Wahlbeobachter der Europäischen und der Afrikanischen Union sowie der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas im Einsatz.
Malische Medien betonten, den künftigen Präsidenten erwarte "eine riesige Aufgabe", da der Militärputsch im März 2012 und die darauffolgende zeitweise Machtübernahme des Nordens durch Islamisten das Land in Rezession und Armut gestürzt hätten. Jedoch kann der Staatschef auf Hilfe aus dem Ausland zählen: Die Internationale Gemeinschaft hat Mali Hilfen von über drei Milliarden Euro zugesagt, um das Land wiederaufzubauen. Bedingung für die Auszahlung war jedoch die Ausrichtung freier und fairer Wahlen.
dpa/rkr - Bild: Habibou Kouyate (afp)