Der 11. September 2001 hat die Nation gewandelt und in dem darauf folgenden Wahnsinn aus Blut und Gewalt verlieren Menschenrechte in Amerika ihren Stellenwert. Die Einrichtung des Gefangenenlagers in Guantanamo Bay im Jahr 2002 spricht für sich.
Seitdem sind die USA hin und her gerissen zwischen ihrer einstigen Vorbildrolle und dem persönlichen Anspruch auf Rache einer mitten ins Herz getroffenen Nation. Man würde gerne weiter mit dem Finger auf diejenigen zeigen, deren moralische Werte nicht den eigenen Vorstellungen genügen. Doch mit jedem weiteren Skandal, der die Supermacht erschüttert, muss dieser Finger sich eher in Richtung der eigenen Nase bewegen.
So auch im Fall Snowden. War Amerika im Kalten Krieg noch der Hort der Freiheit, wenden die USA mittlerweile selbst Stasi-Methoden an. Nur sollte das keiner wissen. Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der sich erst öffentlichkeitswirksam selbst an den Pranger gestellt und sich dann ironischerweise auch noch in Russland versteckt hat, ist das perfekte Opfer. Er, der in den Tagen nach seinen Enthüllungen auch in den USA noch als mutiger "Whistleblower" galt, muss nun für den amerikanischen Imageverlust büßen. Was wiegt schwerer? Das moralische Recht eines Menschen auf Privatsphäre ohne staatliche Schnüffelei oder die Heimatschutzgesetze der USA, die seit dem 11. September 2001 so drastisch verschärft wurden?
Für die USA ist der Fall eindeutig. Als Landesverräter gehört Snowden bestraft. Durch seine Enthüllungen hat er tiefe Kratzer im amerikanischen Selbstverständnis hinterlassen. Er hat die Amerikaner gezwungen, das eigene Land in Frage zu stellen. Wer die Rechte seiner Bürger mit Füßen tritt, taugt nicht als moralisches Vorbild.
Was der 29-Jährige getan hat, war richtig. Es war richtig, nicht nur weil jetzt in der Öffentlichkeit wieder über Sicherheit und Freiheit diskutiert wird und weil Amerika sich jetzt die Frage stellen muss, ob es moralisch wirklich so überlegen ist. Snowdens Handlung war richtig, weil durch sie jetzt endlich eine absolut fragwürdige Taktik der Verbrechensbekämpfung massiv in die Kritik gerät.
Rasterfahndung
Die Rede ist hier von einem Verfahren, das erstmalig zur Fahndung nach RAF-Terroristen eingesetzt wurde. Die Rasterfahndung durchsucht die Privatsphäre aller nach vorher festgelegten Gesichtspunkten und ist Basis für alle heute gebräuchlichen Überwachungsprogramme. Der Vorteil ist, dass man den Kreis der Verdächtigen mit dieser Methode scheinbar schnell eingrenzen kann. Der Nachteil besteht darin, dass einem niemand sagt, ob dort auch die richtigen Verdächtigen auf der Liste stehen. Denn die Rasterfahndung ist willkürlich. Ein Raster ist oft aus ganz harmlosen Eigenschaften zusammengefügt. Erst das Gesamtbild ergibt den vermeintlichen Terroristen und so geraten oft Unschuldige ins Visier der Ermittler.
Mit ihrem Aufbau kehrt die Rasterfahndung so eine der wichtigsten Prämissen in unserem modernen Rechtssystem um. Die Unschuldsvermutung, nach der jeder Mensch unschuldig ist - bis zum Beweis des Gegenteils. In einem Überwachungsprogramm ist aber jeder potentiell verdächtig. Der Ausspruch "wer sich nichts zuschulden kommen lässt, hat auch nichts zu befürchten" ist hinfällig. Denn durch die Kombination von ursprünglich harmlosen Eigenschaften können sich auch vollkommen gesetzestreue Menschen auf Fahndungslisten wiederfinden. Das ist eine Gefahr für jeden Bürger, unschuldig ins Gefängnis zu gelangen. Auch die Justiz ist nicht unfehlbar und deswegen war und bleibt die Offenlegung von Programmen wie PRISM und Tempora richtig.
Um das Risiko von unschuldigen Verhaftungen einzugrenzen, müssen Spionageprogramme und die dazugehörigen Methoden transparenter werden. Eine solche Offenheit ist allerdings nur mit dem Druck der Öffentlichkeit zu erreichen. Und um diesen Druck aufzubauen, braucht es Menschen wie Edward Snowden, die wachrütteln und den Mut haben, sich gegen milliardenschwere Behörden zu stellen. Im Fall von PRISM wiegt das moralische Recht schwerer als der "Krieg gegen den Terror". Wir müssen von solchen Programmen wissen. Somit hatte Snowden Recht, mit seinen Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen, auch wenn er jetzt nicht mehr zu den "good guys" gehört.
Das wir im Internet-Zeitalter von Geheimdiensten digital "abgehört" werden, ist eine ungeschriebenes Naturgesetz. Ist "Google" nicht etwa auch ein Geheimdienst, wenn auch privater Natur? Google, Apple,... machen genau das selbe und gehören auch zum Clan.
Das einzige, was ich den US-Sicherheitsbehörden vorzuwerfen habe, ist, wie sie mit diesen Informationen gegenüber den Verbündeten umgehen.
Ohne solche Abhörmethoden hätte man z.b. Osama Bin Laden niemals geschnappt. Dass Menschen von der Polizei falsch verdächtigt wurden, hat es schon immer gegeben, nicht erst seitdem Geheimdienste "Stasi-Methoden" anwenden.
Von wem wollt ihr lieber abgehört werden? Von den Amis, den Rot-Chinesen oder von Putin-Russen?
Dann sind mir die Amis doch noch lieber.