Australien hat nach einer Revolte in der regierenden Labor-Partei einen neuen Regierungschef: Amtsinhaberin Julia Gillard trat am Donnerstag wie erwartet zurück und ihr Vorgänger im Amt und Dauerwidersacher, Kevin Rudd, wurde als neuer Premierminister vereidigt. Die Labor-Partei hatte Gillard zuvor wegen verheerender Umfragewerte als Parteichefin fallengelassen.
In Australien soll am 14. September gewählt werden. Angesichts der Ereignisse könnte der Urnengang aber vorgezogen werden. "Ich will eine Regierung anführen, die die Menschen zusammenbringt und das beste aus jedem herausholt", sagte Rudd (55). Er gilt allerdings als autoritärer Parteichef. In Richtung Opposition kündigte Rudd einen engagierten Wahlkampf an.
Ex-Diplomat Rudd hatte Gillard (51) am Mittwoch zu einer Kampfabstimmung über den Parteivorsitz gezwungen. Gillard verlor. Es ist in Australien üblich, dass ein unterlegener Parteichef auch die Regierungsgeschäfte niederlegt.
Gillard hatte Rudd selbst vor drei Jahren auf gleiche Weise gestürzt. Sie gewann bei den anschließenden Wahlen gegen die konservative Liberale Partei, bekam jedoch keine eigene Mehrheit im Parlament. Sie konnte nur mit Unterstützung einiger Unabhängiger regieren. Oppositionsführer Tony Abbott verlangte einen möglichst frühen Wahltermin. "Jetzt hat Rudd seine Revanche gehabt, aber geht es hier um sein Ego oder das australische Volk?" fragte er. "Das werden wir in den kommenden Tagen herausfinden." Auch der 3. August war als möglicher Wahltermin im Gespräch.
Gillard hatte als erste Frau die Regierungsgeschäfte in Australien geführt. Immer wieder hatte sie politischen Gegnern - unter anderem Abbott - Sexismus oder Frauenfeindlichkeit vorgeworfen und damit für Schlagzeilen gesorgt. Sie fürchte, dass persönlich Angriffe gegen Politikerinnen Frauen davon abhalten könnten, in die Politik zu gehen, sagte sie. Diese Sorge sei "lächerlich", sagte dagegen die Gründerin der Frauenrechtsgruppe Women's Electoral Lobby, Eva Cox.
Gillard sei persönlichen Attacken ausgesetzt gewesen, gestand Oppositionsführer Abbott ein. "Hin und wieder wurden einige alberne, gar beleidigende Dinge gesagt, die nie hätten gesagt werden sollen", erklärte er. "Aber in 99,9 Prozent der Fälle wurde sie nicht angegriffen, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie eine entsetzliche Premierministerin war."
Beliebt war Gillard nie. Ein Grund für die schlechten Umfragewerte war, dass die Labor-Partei den Eindruck erweckte, sich auf interne Grabenkämpfe und nicht die Politik zum Wohl des Landes zu konzentrieren.
dpa - Bild: Greg Wood (afp)