Gut ein Jahr nach den Wahlen am 17. Juni erlebt Griechenland eine neue Regierungskrise: Auch bei dem dritten Krisengipfel binnen vier Tagen konnten sich die Koalitionsparteien nicht darauf einigen, wie sie nach der Schließung des staatlichen Rundfunks ERT weiter vorgehen. "Wir haben keinen gemeinsamen Boden gefunden", sagte der Chef der Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, am Donnerstagabend in Athen und deutete damit den Austritt seiner Partei aus der Koalition an. Eine endgültige Entscheidung soll am diesem Freitag fallen, wie es aus der Parteizentrale hieß.
Regierungschef Antonis Samaras erklärte im Fernsehen, er wolle weitermachen. "Ich will, dass wir alle weitermachen. Niemand will die Regierungslosigkeit. Uns bleiben noch drei Jahre und die werde ich zu Ende machen", sagte Samaras. Er rief die Demokratische Linke auf, seine Regierung zumindest mit Stimmenthaltungen weiter zu unterstützen, wenn sie schon nicht mehr mitmachen wolle.
"Die Situation ist dramatisch", sagte der Sozialist Evangelos Venizelos nach dem Scheitern des Koalitionsgipfels im Fernsehen. Er wolle die Fortsetzung der Kooperation mit Samaras. "Das Volk will keine Wahlen", sagte Venizelos. Er kritisierte die Haltung der Demokratischen Linken. Dieses "mal rein, mal raus" verstehe er nicht.
Koalitionspartnern weiter entgegengekommen
Im Streit um den Staatsrundfunk ERT sei er den Koalitionspartnern weiter entgegengekommen, sagte Samaras. Demnach sollten 2000 der ehemals mehr als 2600 ERT-Mitarbeiter eine befristete Anstellung bekommen, bis eine neue Sendeanstalt gegründet worden ist. Die Demokratische Linke beharrte jedoch darauf, dass der Staatsrundfunk weiterarbeitet und bei vollem Sendebetrieb restrukturiert wird.
Samaras hatte die Regierungskrise ausgelöst, als er ohne Absprache mit seinen Koalitionspartnern die ERT-Schließung angeordnet hatte. Nach Ansicht von Beobachtern wollte er damit zeigen, dass er es als erster Regierungschef Griechenlands wagt, eine der größten Klientelinstitutionen des Landes zu schließen.
Samaras konservative Nea Dimokratia (ND) stellt 125 der 300 Abgeordneten im Parlament. Die Sozialisten haben 28 und die Demokratische Linke 14 Mandate. Die Nea Dimokratia könnte demnach mit den Sozialisten weiterregieren. Beide Parteien hätten dann aber nur eine knappe Mehrheit von 153 der 300 Sitze. Zudem gibt es 14 unabhängige Abgeordnete und einige von ihnen haben angedeutet, dass sie Samaras unterstützen würden. Eine umfangreiche Regierungsumbildung wird in den nächsten Tagen erwartet.
Europartner setzen Griechenland unter Druck
Unterdessen setzten die anderen Europartner das krisengeschüttelte Griechenland unter Druck. Die Geldgeber-Troika müsse ihre Überprüfung Anfang Juli abschließen können, sonst drohe eine Verzögerung bei der nächsten Hilfszahlung. Das machte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am Donnerstagabend in Luxemburg deutlich. "Die politische Lage ist schwierig", sagte der Niederländer mit Blick auf die Regierungskrise in Athen.
"Der Ball ist im Feld der griechischen Behörden", sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Der Finne forderte weitere Reform- und Budgetanstrengungen der Regierung, um die Troika-Überprüfung wie geplant abschließen zu können. Die Troika hatte ihre Mission zu Wochenbeginn vorläufig unterbrochen. Die Europartner appellierten an die griechische Regierung, bei Reformen weiterzumachen und politische Stabilität zu wahren.
Sorgen macht der Eurogruppe auch die Lage in Zypern. Die Europartner sind nicht zu zusätzlichen Hilfsmilliarden bereit. Das
Rettungspaket von zehn Milliarden Euro vom April werde nicht nachverhandelt und auch nicht aufgestockt, hieß es nach der Sitzung. Dijsselbloem sagte, das Programm müsse entschlossen in die Tat umgesetzt werden. In einem Brandbrief hatte Zyperns Präsident Nikos Anastasiades um Hilfen für die größte Bank des Landes, die Cyprus Bank, gebeten.
Die Eurogruppe gab Lettland grünes Licht, zum 1. Januar 2014 den Euro einzuführen. Die Kassenhüter sprachen eine entsprechende Empfehlung an die EU-Staats- und Regierungschefs aus. Die endgültige Entscheidung fällt am 9. Juli. Rehn gratulierte Riga ausdrücklich für die erreichten Reformschritte.
dpa/jp - Bild: Louisa Gouliamaki (afp)