Vor Beginn des G8-Gipfels riskieren die USA, den Streit mit Russland in der Syrien-Frage weiter zu eskalieren. Die US-Regierung von Präsident Barack Obama plant, den Druck auf den syrischen Machthaber Baschar al-Assad zu erhöhen und Kampfflugzeuge sowie Raketenabwehr-Batterien in Jordanien, einem Nachbarn des Bürgerkriegslandes, zu stationieren, wie die «New York Times» am Sonntag berichtete. Russland warnte im Gegenzug die USA vor einem Militäreinsatz. Die Lage in Syrien ist ein zentrales Thema des G8-Gipfels der sieben führenden Industrienationen und Russlands, der am Montag in Nordirland beginnt.
US-Außenminister John Kerry intervenierte nach Informationen des Blattes erneut bei der irakischen Regierung. Sie solle alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen und dabei helfen, Waffenlieferungen an das Assad-Regime zu unterbinden. Damit solle der Druck auf Assad erhöht werden, einer politischen Lösung zuzustimmen.
Weiterhin strittig bleibt zwischen Russland und den USA auch, ob Militäreinheiten des Assad-Regimes Chemiewaffen eingesetzt haben. Russlands Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte am Samstag die russischen Zweifel und forderte eine unabhängige Analyse.
Angesichts der Spekulationen über die Einrichtung einer Flugverbotszone über Syrien sagte Lawrow der Agentur Itar-Tass: «Man muss kein Experte sein, um zu verstehen, dass dies gegen internationales Recht verstoßen würde.» Flugverbotszonen müssen vom UN-Sicherheitsrat beschlossen werden. Russland ist dort permanentes Mitglied und hat somit ein Veto-Recht.
Das Weiße Haus hatte am Donnerstag erklärt, das Assad-Regime habe im Kampf gegen die Aufständischen tödliche Giftgase eingesetzt und damit eine «rote Linie» überschritten. Washington will nun nach Medienberichten mit Hilfe des Geheimdienstes CIA den syrischen Rebellen Kleinwaffen und Munition liefern.
Dass Waffen aus dem Westen militanten Islamisten oder Extremisten in die Hände fallen könnten, ist das Hauptargument derjenigen, die militärische Hilfe für die Aufständischen ablehnen. Denn auch Gruppen, die dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestehen, kämpfen in Syrien an der Seite der Rebellen gegen das Assad-Regime.
Syrisches Regime gerät immer weiter in die Isolation
Das syrische Regime gerät unterdessen immer weiter in die Isolation. Am Wochenende brach auch Ägypten alle diplomatischen Beziehungen zu Damaskus ab. Die Botschaft Syriens in Kairo werde umgehend geschlossen, sagte der islamistische Präsident Mohammed Mursi in Kairo.
Mursi nannte als Grund für den Schritt das gewaltsame Vorgehen des Assad-Regimes gegen das syrische Volk. Zugleich forderte er die Miliz der libanesischen Hisbollah-Bewegung auf, sie solle sofort Syriens verlassen und ihre «Aggression gegen das syrische Volk» beenden. Die schiitische Hisbollah-Miliz kämpft seit einigen Wochen offen an der Seite des syrischen Regimes gegen die Aufständischen.
Saudi-Arabien liefert Flugabwehr an syrische Rebellen
Saudi-Arabien will nach einem Medienbericht Luftabwehrraketen an die Rebellen in Syrien liefern. Das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet, dabei handele es sich um tragbare Raketen des französischen Typs Mistral.
Durch die Lieferung könnte das Kräfteverhältnis in dem Bürgerkrieg verschoben werden, weil die militärische Überlegenheit der syrischen Regierungsarmee maßgeblich auf der Luftwaffe beruht. Saudi-Arabien gehört zu den entschiedensten Unterstützern der vorwiegend sunnitischen Aufständischen in Syrien.
G8: Papst dringt auf Verhandlungslösung für Syrien
Papst Franziskus hat vor dem G8-Gipfel in Nordirland dazu aufgerufen, im syrischen Bürgerkrieg eine Verhandlungslösung zu finden und in der Finanzkrise die Nöte der Menschen zu beachten. Er setze darauf, dass der Gipfel zu einer sofortigen und anhaltenden Waffenruhe beitragen werde, die dann alle an den Verhandlungstisch bringe, schrieb Franziskus in einem am Sonntag veröffentlichten Brief an den britischen Premierminister und G8-Präsidenten David Cameron.
Zu den Wirtschaftsthemen betonte Franziskus, Geld müsse dienen und nicht herrschen, Wirtschaft und Politik sollten mehr den Armen und Schwachen helfen. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen weltweit sei deshalb eine mutige, zum Wandel bereite Politik gefragt.
dpa/dradio/jp/mh - Bild: Justin Tallis (afp)