Mit Nachdruck hat Kremlchef Wladimir Putin vor dem G8-Gipfel in Nordirland die Abschaffung von Steuerparadiesen gefordert. "Es ist kein Geheimnis, dass eben in Offshores sich beträchtliche Summen spekulativen und kriminellen Kapitals ansammeln", sagte Putin in einem am Donnerstagabend veröffentlichten Interview der Staatsagentur Ria Nowosti. Zudem cder Kapitalabfluss in Offshore-Oasen die Steuereinnahmen, wodurch der Verlust der Steuerhoheit drohe.
"Die Abschaffung der Offshores ist eine wichtige Voraussetzung für die Beseitigung struktureller Ungleichgewichte der Weltwirtschaft", sagte der russische Präsident. Er hatte auch mit Blick auf heimische Geschäftsleute, die ihre Einnahmen in Ländern mit niedrigen Steuern investierten, wiederholt eine "De-Offshorisierung" gefordert.
"Die Bekämpfung der Steuerflucht ist ein sehr kompliziertes und kraftraubendes Problem", sagte Putin. Er schlug bilaterale Abkommen vor, mit denen Steuerparadiese verpflichtet würden, Daten auszutauschen.
Putin warf einigen europäischen Ländern vor, mit Misswirtschaft selbstverschuldet in die Krise geraten zu sein. "Nicht die Sozialpolitik, sondern ein Leben über die Verhältnisse, der Verlust der Kontrolle über die Wirtschaft sowie Strukturmängel führen zu den Folgen, mit denen sich Europa heute konfrontiert sieht." In mehreren Staaten gedeihe das "Schmarotzertum" - dort sei es günstiger, nicht zu arbeiten. "Das gefährdet nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Moralprinzipien der Gesellschaft."
Russland hingegen arbeite an einem sozialen Gleichgewicht, behauptete Putin. Experten meinen, der Kremlchef könne seine teuren Sozialversprechen für Rentner und Beamte nur mit Hilfe der hohen Einnahmen aus dem Öl- und Gasverkauf stemmen.
dpa/sh - Bild: Yuri Kadobnov (afp)