Nach einem Aufruf der türkischen Protestbewegung haben sich erneut Tausende Menschen auf dem Taksim-Platz und im angrenzenden Gezi-Park in Istanbul versammelt. An den Zufahrtstraßen standen auch am Mittwochabend Wasserwerfer der Polizei, berichteten Augenzeugen.
Rund um den Platz hielten sich Polizeieinheiten in Bereitschaft. Um das Protestlager der Bewegung im Gezi-Park waren Barrikaden errichtet. Die zuvor auf den Zufahrtstraßen zum Platz stehenden Barrikaden hatten die Behörden im Laufe des Tages weiter geräumt.
Die Lage war in der Nacht zuvor dramatisch eskaliert. Die türkische Polizei hatte mit Tränengas und Wasserwerfern Zehntausende Demonstranten vom Taksim-Platz vertrieben. Die Eskalation der Polizeigewalt löste international Kritik am Vorgehen der islamisch-konservativen Regierung aus. Die Vereinten Nationen und die US-Regierung mahnten den Schutz der Grundrechte und einen Dialog an.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan traf am Mittwoch Künstler, Wissenschaftler und Personen des öffentlichen Lebens zu einem als informell bezeichneten Gespräch über die Protestbewegung, wie türkische Medien berichteten. Allerdings fehlten wichtige Organisatoren der Proteste, wie die Taksim-Plattform, die vorher mit Erdogans Stellvertreter gesprochen hatte.
Ashton empfiehlt EU stärkeres Engagement mit der Türkei
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat die Europäische Union angesichts der Unruhen in Istanbul davor gewarnt, auf Distanz zur Türkei zu gehen. "Dies ist nicht der Moment, sich zu lösen, sondern sich noch stärker zu engagieren", sagte sie am Mittwoch im Europaparlament in Straßburg. "Unsere Beziehung zur Türkei gibt uns eine wirkliche Möglichkeit zum Einfluss, wenn wir sie nutzen. Wir müssen das Beste aus allen Werkzeugen machen, die uns zur Verfügung stehen."
Ebenso wie Ashton kritisierten auch Abgeordnete der großen Fraktionen den Einsatz der türkischen Polizei gegen Demonstranten auf dem Taksim-Platz in Istanbul und in anderen Städten. "Wir haben zu viel übermäßige Polizeigewalt gesehen", sagte Ashton. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Die EU-Außenbeauftragte kritisierte auch die Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit.
dpa - Bild: Gurcan Ozturk (afp)