Von einer Rettung der Stahlindustrie in Europa durch die EU-Kommission geht niemand aus. Dazu hat sie zu wenig Geld und eindeutig auch zu wenig Macht. Sie verfügt nicht über die nötigen Hebel. Das Einzige, was Industriekommissar Antonio Tajani machen kann, ist hier und da der Branche unter die Arme zu greifen. Aber die europäische Stahlindustrie retten, wird das sicher nicht.
Wenn die Politik nicht handele, drohten weitere Jobverluste und Werksschließungen, warnte Industriekommissar Tajani in Straßburg. Im Europaparlament hat er am Dienstagnachmittag einen Aktionsplan vorgestellt, mit dem die EU-Kommission der Stahlindustrie unter die Arme greifen will. Im Mittelpunkt steh die Förderung von Innovation und die Senkung der Energiekosten. Er will vor allem den größten Kunden der Stahlindustrie helfen, also der Automobilbranche und Baufach, da wo man Stahl benötigt.
Heißt also: Wenn dort mehr produziert wird, steigt auch die Nachfrage nach Stahl. Tajani will auf der anderen Seite auch die Kosten der Stahlbranche drücken. Vor allem die Energiepreise schlagen zu Buche. Da sollen die Produzenten neue, längerfristige Verträge verhandeln, um den Preis zu senken. Und die Kommission will Innovation und Entwicklung fördern, damit der Stahl in Europa Zukunft hat. Doch diese Maßnahmen klingen nicht wirklich überzeugend. Denn der EU fehlen wie gesagt ganz einfach die Mittel und Wege, um die Stahlindustrie zu retten.
Reaktion der Stahlbranche auf Aktionsplan
Offiziell gibt es noch keine Reaktion, der Plan wird erst am Dienstagnachmittag vorgestellt. Aber Stahlriese Mittal hat ja schon eindrucksvoll gezeigt, dass ihn das Ganze nicht interessiert. EU-Kommissar Antonio Tajani hatte den Konzern gebeten, mit seiner Umstrukturierung zu warten, bis der Plan vorliegt. Das hat Mittal nicht gemacht. In Lüttich hat Arcelor weiter dicht gemacht. Die Gewerkschaften sind fassungslos. Sie haben den Eindruck, dass keiner ihnen hilft und dass nichts unternommen wird, um die vielen Jobs zu retten.
Noch eine Zahl: Die europäische Stahlindustrie, das sind derzeit noch fast 400.000 Arbeitsplätze.
Zuletzt hatte die EU-Kommission Ende der Siebziger Jahre einen Aktionsplan für die kriselnde Stahlindustrie vorgelegt. Damals unter dem belgischen Kommissar Etienne Davignon. Experten bezweifeln allerdings, ob der neue Tajani-Plan weit genug geht. Die EU verfüge nicht mehr über die notwendigen Hebel, um die Stahlindustrie zu retten, so die Kritiker.
Archivbild: Adam Warzawa (epa)