In der Türkei heizt sich die Stimmung auf. Regierung und Demonstranten stehen sich weiter unversöhnlich gegenüber. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan drohte am Sonntag bei einer Ansprache am Flughafen von Ankara den Demonstranten, Geduld habe ihre Grenzen. In Adana bezeichnete er die Protestierer erneut als "Marodeure", die mit Protesten Fortschritte in der Türkei verhindern wollten. In Mersin hielt er seine Rede vor einer jubelnden Menge und laufenden Fernsehkameras. Die Atmosphäre erinnerte an Wahlkampfauftritte. Erdogan, dessen Rücktritt Demonstranten immer wieder verlangen, forderte seine Gegner heraus, ihn bei den Wahlen in sieben Monaten zu schlagen.
Die Polizei in Ankara setzte am Sonntagabend erneut Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke ein, um mehrere tausend Protestierer vom zentralen Kizilay-Platz zu vertreiben, berichteten Aktivisten und türkische Medien. Die Demonstranten flüchteten sich in Seitenstraßen. Schon am Vorabend hatte die Polizei in Ankara eine Demonstration gewaltsam aufgelöst.
EU besorgt über Lage in der Türkei
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erinnerte die türkische Regierung daran, dass zwischen dem Umgang mit Oppositionellen und dem Wunsch Ankaras auf einen Beitritt zur EU ein Zusammenhang bestehe. Ashton zeigte sich in einer am Sonntag in Brüssel veröffentlichten Erklärung "weiterhin besorgt über die Lage in der Türkei". Sie forderte "Mäßigung von allen Seiten". Ein "offenes und nachhaltiges Engagement" der Regierung sei nötig, um "die Demokratie zu stärken, Vertrauen zu schaffen und eine Eskalation zu verhindern".
Ashton erklärte, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und deren Verpflichtung gegenüber den sogenannten "Kopenhagen-Kriterien" von Demokratie, Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit seien der Rahmen für die Garantie von Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle Bürger. Soziale Netzwerke dürften nicht unter willkürlichen Druck geraten. Einschränkungen seien nur in den Grenzen der Europäischen Menschenrechtskonvention möglich.
Polizei nimmt in Adana 13 Twitter-Nutzer fest
Die türkische Polizei hat in der südlichen Provinz Adana insgesamt 13 weitere Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter festgenommen. Ihnen werde vorgeworfen, im Internet zu Unruhen angestachelt und Angriffe auf Polizeikräfte koordiniert zu haben, berichtete der Sender CNN Türk am Montag.
Fünf der Beschuldigten waren bereits am Samstag festgenommen worden. International gab es Kritik. Twitter und Facebook sind für viele Regierungsgegner die wichtigsten Kommunikationsmittel.
dpa/jp - Bild: Marco Longari (afp)