Der frühere deutsche Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) hat nach Ansicht von Historikern vor 40 Jahren eine Friedensinitiative Israels ins Leere laufen lassen. Das hat die Auswertung von Dokumenten aus Deutschland und Israel ergeben, die nun zur Veröffentlichung freigegeben wurden, wie die "Welt am Sonntag" berichtete.
Hagai Tsoref vom israelischen Staatsarchiv und der deutsch-israelische Historiker Michael Wolffsohn kommen demnach zu dem Schluss, dass die damalige israelische Ministerpräsidentin Golda Meir Brandt vor dem Jom-Kippur-Krieg im Jahre 1973 gebeten habe, in Ägypten persönlich Israels Friedenswillen zu betonen und geheime Gespräche anzubieten. Dies habe Brandt jedoch nicht getan.
Brandt hatte Israel im Juni 1973 als erster deutscher Bundeskanzler besucht. Golda Meir habe ihm erklärt, dass Israel bereit sei, für einen Frieden mit Ägypten die im Sechs-Tage-Krieg von 1967 eroberten Gebiete auf der Sinai-Halbinsel zu räumen. Brandt sei aber nicht bereit gewesen, selbst nach Kairo zu reisen, und habe stattdessen den Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, Lothar Lahn, geschickt. Dieser sei jedoch von dem Sicherheitsberater des damaligen ägyptischen Präsidenten Anwar el Sadat "regelrecht abserviert" worden. Lahn habe die Botschaft zudem nur widerwillig überbracht.
Tsoref und Wolffsohn, der bis zum vergangenen Jahr an der Bundeswehruniversität München lehrte, kamen zu der Schlussfolgerung, dass es "eine, wenn nicht sogar die letzte Möglichkeit (war), den Jom-Kippur-Krieg zu verhindern". Israel konnte während des Kriegs im Oktober Angriffe der Ägypter und Syrer nur unter schweren Verlusten abwehren. 1979 unterzeichnete Ägypten als erstes arabischen Land einen Friedensvertrag mit Israel.
dpa/rkr - Bild: belga