Ein Pekinger Gericht hat den Schwager des inhaftierten chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo am Sonntag zu elf Jahren Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm Betrug vorgeworfen, wie Prozessbeobachter berichteten. Doch sprechen Freunde vielmehr von einer Vergeltungsaktion gegen die Familie.
Liu Hui ist der Bruder von Liu Xia, der Frau des Nobelpreisträgers. Seit der Vergabe des Nobelpreises 2010 an ihren Mann wird die 53-Jährige in ihrer Pekinger Wohnung unter Hausarrest gehalten. Die Verteidigung kündigte Berufung gegen den Richterspruch an.
Liu Xia durfte an der Urteilsverkündung teilnehmen. Danach rief sie Journalisten aus einem Auto zu: "Das schadet meiner ganzen Familie." Unter Tränen warf sie den Behörden vor, ihre Verwandtschaft zu verfolgen: "Schaut euch diese Situation an", zitierte sie die "South China Morning Post" aus Hongkong. Bei einem vorherigen Prozesstag hatte sie ausländischen Diplomaten zugerufen: "Ihr müsst allen sagen, dass ich nicht frei bin."
Die Delegation der Europäischen Union in China zeigte sich in einem Statement "tief besorgt" über das Urteil, wie anwesende Diplomaten berichteten. Die Entscheidung des Gerichts könne im Zusammenhang mit der Situation seiner Schwester Liu Xia stehen. Ihr Hausarrest sei illegal, und ihr sollten Besuche bei ihrem Bruder im Gefängnis gestattet werden.
Immobiliendisput
Die Vorwürfe gegen Liu Hui beziehen sich auf einen Immobiliendisput mit seinem Arbeitgeber. Er und ein Kollege sollen angeblich Geld unterschlagen haben. Liu Hui war Manager des Pekinger Büros der Firma mit Sitz in Shenzhen in Südchina. Wie informierte Kreise berichteten, hat ihn sein Chef auf Intervention der Polizei entlassen. Hintergrund sei die Verärgerung der Behörden über Besuche von Aktivisten und Journalisten bei seiner Schwester. Sie hatten sich Ende des Jahres an den Wachen vor ihrem Haus vorbeigeschlichen, was für Wirbel gesorgt hatte.
Trotz weltweiter Proteste hält China den Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo in einem Gefängnis in Nordostchina fest. Der heute 57-jährige war 2009 zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Ihm wurde "Untergrabung der Staatsgewalt" angelastet. 2010 verlieh das Nobelkomitee dem Mitverfasser der "Charta 08" für Demokratie und Menschenrechte in China den Friedensnobelpreis.
dpa/mh - Archivbild: epa