Die USA haben den Kampfeinsatz der libanesischen Hisbollah-Miliz in Syrien erneut aufs Schärfste verurteilt. "Das ist eine inakzeptable und extrem gefährliche Eskalation", sagte die Außenamtssprecherin Jennifer Psaki am Mittwoch in Washington. Die Hisbollah müsse ihre Kämpfer sofort aus dem Bürgerkriegsland abziehen. Die USA seien zudem sehr besorgt wegen Berichten über Vorfälle in den Grenzenregionen um Syrien in den vergangenen Tagen.
Zuvor hatte schon der UN-Menschenrechtsrat die Intervention durch ausländische Kämpfer aufseiten des Assad-Regimes verurteilt. Sie stelle eine sehr ernste Bedrohung der Stabilität in der Region dar, warnte das Gremium am Mittwoch in einer neuen Syrien-Resolution - ohne allerdings die libanesische Hisbollah-Miliz namentlich zu nennen.
Kämpfer der mit dem Iran verbündeten Hisbollah haben dem Assad-Regime in letzter Zeit zu militärischen Erfolgen gegen die bewaffnete Opposition verholfen. 36 der 47 Mitgliedstaaten des Rates stimmten für die Resolution, acht enthielten sich. Venezuela votierte als einziges Land dagegen.
In der Resolution werden alle Konfliktgegner in Syrien zur Einstellung der Gewalt aufgefordert. Verurteilt werden gezielte Angriffe des Regimes mit Raketen und anderen schweren Waffen auf Zivilisten, darunter in jüngster Zeit in der Kleinstadt Al-Kusair.
Verantwortliche für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft ziehen
Der Menschenrechtsrat sprach sich erneut dafür aus, Verantwortliche für Kriegsverbrechen in Syrien zur Rechenschaft zu ziehen. Jedoch scheiterten Bemühungen Deutschlands und anderer Staaten, die konkrete Forderung nach Einschaltung des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) zur Verfolgung solcher Verbrechen in den Resolutionstext aufnehmen zu lassen.
Der Menschenrechtsrat rief zwar erneut dazu auf, Verantwortliche für derartige Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. Jedoch wurde dies nicht mit der Forderung verbunden, das "Weltstrafgericht" einzuschalten, wie es UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay am Mittwoch einmal mehr vergeblich verlangte.
Eine Einschaltung des IStGH lehnen unter anderem die USA ab. Sie haben sich dem Gerichtshof ebenso wenig angeschlossen wie Russland und China. Aber auch Großbritannien wandte sich nach Angaben von Diplomaten gegen das Haager Tribunal.
Pillay rief alle Staaten auf, von Waffenlieferungen nach Syrien Abstand zu nehmen. "Die Botschaft von uns allen sollte dieselbe sein: Wir werden diesen Konflikt nicht mit Waffen, Munition, Politik oder Religion unterstützen."
Die syrische Regierung warf der EU vor, eine politische Lösung zu behindern. Ein Sprecher erklärte, Waffenlieferungen an Rebellen zu erlauben und zugleich die Wirtschaftssanktionen aufrechtzuerhalten, offenbare "politische Heuchelei" der Regierungen Frankreichs und Großbritanniens. Auch Russland warnte: "Das internationale Recht untersagt eindeutig das Versorgen von Rebellen mit Kriegsgerät", sagte Außenminister Sergej Lawrow.
Rebellen dankten der EU
Die Rebellen hingegen dankten der EU. Sie bräuchten spezielle Waffen, um Angriffe von Assad-Truppen und Hisbollah-Milizen auf Zivilisten zurückschlagen zu können, hieß es in einer Erklärung der Nationalen Syrischen Koalition. Sie konferiert derzeit in Istanbul, wo sie seit fast einer Woche ihre Zerrissenheit demonstriert: Aus Delegationskreisen verlautete, es werde - auch mit Blick auf die von den USA und Russland angestrebte Syrien-Friedenskonferenz - weiter darüber gestritten, welche Oppositionellen als zusätzliche Mitglieder in die Führungsgremien der Koalition aufgenommen werden sollten.
Unklar war, ob die Nationale Syrische Koalition zur Konferenz nach Genf anreisen wird. Sie verlangte, dass Assad vom politischen Prozess ausgeschlossen wird. In der Erklärung wurde aber nicht ausdrücklich mitgeteilt, ob die Koalition teilnehmen werde, falls ihre Bedingungen erfüllt würden.
Eine Sprecherin der Rebellenkoalition sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Koalition würde in Genf dabei sein, wenn die internationale Gemeinschaft sich verpflichte, sicherzustellen, dass Assad zurücktritt. Das Assad-Regime wird weiterhin von Russland gestützt.
Die Regierung in Damaskus sagte ihr Kommen ohne Vorbedingungen zu. Der syrische Außenminister Walid al-Moallem sagte in einem Interview, dass Assad bis zum Ende seiner Amtszeit im kommenden Jahr Präsident bleiben werde und möglicherweise seine Wiederwahl anstrebe.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, vor der Konferenz müssten noch viele Fragen geklärt werden. Dazu zähle auch ein Termin.
Mehrheit syrischer Rebellen strebt keine Demokratie an
Die meisten syrischen Rebellen streben nach Einschätzung des Chefs der zuständigen UNO-Untersuchungskommission, Pinheiro, keine Demokratie an. Ausländische Kämpfer hätten die Rebellen radikalisiert, erklärte der brasilianische Diplomat in Paris. Zugleich verwies er darauf, dass der Bürgerkrieg in Syrien immer schlimmere Gräueltaten zum Vorschein bringe. Der nächste Bericht der Kommission solle am 4. Juni veröffentlicht werden, sagte Paulo Pinheiro.
Der UNO-Menschenrechtsrat verurteilte den Einsatz ausländischer Kämpfer durch die syrische Führung in der belagerten Stadt Kusseir. Zugleich missbilligte das Gremium damit indirekt die Unterstützung des Assad-Regimes durch die libanesische Hisbollah-Miliz.
Vor dem Bürgerkrieg sind mittlerweile mehr als 1,6 Millionen Menschen in angrenzende Staaten geflohen.
Assad: Militärisches Kräfteverhältnis kippt zugunsten der Armee
Der syrische Präsident Baschar al-Assad glaubt, dass seine Truppen im Kampf gegen die Rebellen nun das Schlimmste überstanden haben. Dazu haben nach seinen Worten auch russische Waffenlieferungen an die libanesische Hisbollah-Miliz beigetragen. "Die ersten russischen S-300-Flugabwehrraketen hat Syrien erhalten, der Rest wird bald ankommen", sagte Assad in einem aufgezeichneten Interview mit dem Hisbollah-Fernsehsender Al-Manar, aus dem die libanesische Zeitung "Al-Akhbar" am Donnerstag vorab Zitate veröffentlichte.
"Das militärische Kräfteverhältnis hat sich jetzt komplett zugunsten der Armee verschoben", fügte Assad hinzu. Zur Rolle der Schiiten-Miliz Hisbollah sagte er nach Angaben der Zeitung: "Syrien und die Hisbollah bilden eine Schicksalsgemeinschaft". Die Angehörigen der libanesischen Partei kämpften allerdings nur im Grenzgebiet zum Libanon, während die Regierungstruppen "in der Schlacht gegen die bewaffneten Gruppen den Befehl führen".
Die russische Armee hatte die Leistungsfähigkeit ihres Boden-Luft-Abwehrsystems S-300 in den vergangenen Tagen bei einer Übung medienwirksam demonstriert.
afp/dpa/dradio/jp - Bild: Fabrice Coffrini (afp)