Nach mehr als 12-stündigen Verhandlungen haben die EU-Außenminister am späten Montag Abend in Brüssel das Verbot von Waffenlieferungen nach Syrien aufgehoben. Einzelne EU-Staaten können nun Waffen an die Gegner des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad liefern. Dies sei derzeit aber nicht geplant, wie es in dem Beschluss der Minister heißt.
Alle anderen Sanktionen gegen Syrien - etwa Einreiseverbote oder Verbote von Finanztransaktionen und Öllieferungen - sollen bis zum 1. Juni neu beschlossen und damit aufrechterhalten werden. Bevor Großbritannien und Frankreich Waffen liefern, soll aber der Ausgang der Genfer Friedenskonferenz im Juni abgewartet werden.
Damit haben sich vor allem Großbritannien und Frankreich durchgesetzt. Beide Länder werden - unter bestimmten Voraussetzungen und zum Schutz der Zivilbevölkerung - Waffen an die Opposition in Syrien liefern können und so den Druck auf Machthaber Assad erhöhen. Der britische Außenminister William Hague betonte, man habe nicht unmittelbar die Absicht, Waffen nach Syrien zu schicken. Der Kompromiss der EU biete aber die Möglichkeit, in Zukunft flexibel zu reagieren, falls sich die Situation verschlechtern sollte.
Bis zuletzt hatten sich Österreich und andere Staaten dagegen gewehrt, das Lieferverbot von Waffen zu lockern. Sie befürchten noch mehr Gewalt in der Region. Der österreichische Außenminister Spindelegger sagte nach der Einigung, es sei gelungen, die generellen Sanktionen aufrechtzuerhalten, nur ein Waffenembargo gebe es nicht. Belgien, das die ganze Zeit über zu einem Kompromiss gedrängt hatte, ist erleichtert, dass am Ende doch noch ein Konsens gefunden werden konnte.
Russland warnt vor Waffen für Syriens Opposition
Russland hat nach den EU-Beschlüssen zu Syrien davor gewarnt, die Opposition in dem Land mit Waffen auszustatten. Das Ende des Waffenembargos sei ein "Fehler" der EU, sagte der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow am Dienstag in Moskau. Moskaus Botschafter bei der Nato, Alexander Gruschko, sagte, dass sich der blutige Konflikt nun weiter verschärfen könne. Er warnte vor militärischer Hilfe für die Opposition. "Damit wird nur Öl ins Feuer gegossen", sagte Gruschko der Agentur Interfax zufolge.
Zugleich verteidigte Russland die Lieferung seiner Abwehrsysteme vom Typ S-300 an Syrien. Diese seien ein "stabilisierender Faktor", um äußere Kräfte abzuschrecken. "Russland stellt Waffen den rechtmäßigen Machthabern zur Verfügung. Die andere Seite des Konflikts hingegen hat kein Recht darauf", sagte Rjabkow.
Zwei russische Flugzeuge vom Typ Iljuschin brachten erneut rund 20 Tonnen Hilfsgüter nach Syrien. Die Maschinen sollen auf dem Rückweg nach Russland 100 Bürger mitnehmen. Bisher hatte die Führung in Moskau rund 400 Menschen aus dem Kriegsgebiet ausfliegen lassen.
Syrien-Konferenz noch nicht konkret
Die Vorbereitungen der geplanten Syrien-Konferenz kommen indes nur langsam voran. "Das ist keine leichte Aufgabe. Das ist ein sehr großer Auftrag, aber ich denke, wenn die Vereinigten Staaten und Russland eine solche Initiative ergreifen, sind die Chancen für einen Erfolg größer", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montagabend nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen John Kerry in Paris. Gemeinsam wolle man alles tun, um das Blutvergießen zu stoppen und das Leiden des syrischen Volkes zu lindern.
Moskau und Washington hatten sich Anfang Mai auf die Einberufung einer internationalen Konferenz zur Lösung des Bürgerkriegs in Syrien verständigt. Daran sollen sowohl Vertreter der syrischen Opposition als auch des Regimes von Präsident Baschar al-Assad teilnehmen. Moskau will außerdem noch den Iran und Saudi-Arabien an den Tisch holen.
Kerry erklärte, dass er mit Lawrow auch über die Teilnehmer der in Genf geplanten Konferenz gesprochen habe, "und das ist eine anhaltende Unterhaltung". Auch ein Zeitpunkt für das Treffen stehe noch nicht fest.
US-Senator John McCain in Syrien
Während die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Aufständischen in Syrien auch am Montag weitergingen, kam der republikanische US-Senator John McCain nach Berichten des Senders CNN dort mit General Salim Idris und anderen Rebellen der Freien Syrischen Armee zusammen. Er ist der bislang ranghöchste US-Politiker, der seit Beginn des Bürgerkriegs nach Syrien gereist ist. McCain fordert seit längerem eine aktivere Rolle der USA in dem Konflikt.
Britischer Arzt in Syrien getötet
Ein britischer Arzt ist bei einem Bombenangriff auf ein Behelfs-Krankenhaus in Syrien ums Leben gekommen. Der 26-Jährige habe in der notdürftig eingerichteten Klinik in der nordwestlichen Stadt Idlib ehrenamtlich gearbeitet, teilte die Hilfsorganisation "Hand in Hand for Syria" mit. Die Bombe habe das Krankenhaus bereits am vergangenen Mittwoch getroffen, der junge Arzt aus London sei wenig später gestorben.
Der Arzt hatte seine Ausbildung unterbrochen, um verwundeten Zivilisten zu helfen. Bislang seien auf ein Spendenkonto in Gedenken an ihn bereits mehr als 43.000 Euro eingegangen, teilte die Organisation am Dienstag mit. Von dem Geld soll ein neues Krankenhaus in Syrien finanziert werden.
dpa/akn/jp - Bild: Georges Gobet (afp)