Der schockierende Mord an einem britischen Soldaten hat die Angst vor islamistischem Terror nach London zurückgebracht. Während die Polizei nach dem brutalen Attentat auf Hochtouren ermittelt, demonstrierten die Menschen in London am Donnerstag Zusammenhalt. "Terrorismus kann am besten besiegt werden, wenn wir einfach mit unserem normalen Leben weitermachen", sagte Premierminister David Cameron, der von einer "widerwärtigen" Tat sprach. Am Tatort im Stadtteil Woolwich im Südosten Londons legten Menschen Blumen und Zettel mit Beileidsbekundungen nieder.
Bei dem mutmaßlichen Terrorangriff am Tag zuvor war ein 25-jähriger Soldat unter anderem mit einem Fleischerbeil zu Tode gehackt worden. Er gehörte nach offiziellen Angaben von Donnerstag dem "Royal Regiment of Fusiliers", einem Infanterie-Regiment der britischen Armee an, wo er im Musikkorps die Trommel schlug. Er war Vater eines zweijährigen Sohnes und nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums 2009 in Afghanistan und danach auch in Deutschland (Celle) stationiert.
Die beiden mutmaßlichen Täter riefen bei dem Mord islamistische Parolen. Sie wurden von der Polizei angeschossen und sollten möglichst bald im Krankenhaus verhört werden. Die Polizei durchsuchte im Zusammenhang mit der Attacke Wohnungen in der Grafschaft Lincolnshire sowie in Greenwich, im Südosten Londons.
Bei den Männern soll es sich um britische Staatsbürger mit Verbindungen nach Nigeria handeln. Sie waren der Polizei bekannt. Der Sender BBC berichtete unter Verweis auf nicht näher genannte Quellen, sie seien in den vergangenen Jahren mehrfach ins Visier von Ermittlern geraten, hätten aber nicht im Verdacht gestanden, einen Anschlag zu planen. Sie sollen zu einer radikalisierten Form des Islam konvertiert sein.
Die Polizei durchsuchte im Zusammenhang mit der Attacke Wohnungen in der Grafschaft Lincolnshire sowie in Greenwich, im Südosten Londons. Cameron erklärte, die Männer seien der Polizei bekanntgewesen. Sie sollen zu einer radikalisierten Form des Islam konvertiert sein. Es sei aber nicht davon auszugehen, dass sie Kontakt zu radikalen, islamistischen Terrorgruppen wie Boko Haram in Nigeria gehabt hätten, hieß es.
Londoner Polizei verstärkt Präsenz auf den Straßen
Die Londoner Polizei verstärkt nach der mutmaßlichen Terrorattacke und vor dem Champions-League-Finale an diesem Samstag ihre Präsenz auf den Straßen der Stadt. Vor allem an Orten, wo sich Menschenmassen versammeln, werde man in den kommenden drei Tagen verstärkt Polizisten in Uniform sehen, sagte Simon Byrne von Scotland Yard am Donnerstag bei einem Besuch am Tatort im südöstlichen Stadtteil Woolwich.
Derzeit seien 1200 zusätzliche Polizisten im Einsatz, um den Menschen auf der Straße ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Dies solle so bleiben, bis es mehr Klarheit über die Hintergründe der blutigen Mordattacke auf einen Soldaten gebe. An diesem Samstag findet in London das Champions-League-Finale zwischen Bayern München und Borussia Dortmund statt. Z
Die Regierung hob die Terrorwarnstufe in London zunächst nicht an. Sie bleibt bei "Substanziell". Das deutet darauf hin, dass zum Champions-League-Finale nicht mit erhöhter Terrorgefahr gerechnet wird.
Cameron: Täter von London waren der Polizei bekannt
Die mutmaßlichen Terroristen von London waren der Polizei bereits vor dem Mord an einem Soldaten bekannt. Das sagte Premierminister David Cameron am Donnerstag bei einer Stellungnahme zu dem Angriff vom Vortag. Er nannte die Tat "widerwärtig". Für sie seien ausschließlich die Täter selbst verantwortlich, sie könnten sich nicht hinter der Lehre des Islams verstecken.
"Dieses Land wird sich mit aller Entschlossenheit dem Terror entgegenstellen", erklärte Cameron. Dazu werde Großbritannien auch weiter mit seinen internationalen Partnern zusammenarbeiten.
Auch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen verurteilte die Tat. "Solche Anschläge sind niemals zu rechtfertigen", sagte er in einem Statement. Die britische Innenministerin Theresa May sagte nach der ersten Sitzung des Sicherheitskabinetts, es sein ein Anschlag "auf alle in Großbritannien" gewesen.
Das Verbrechen hatte sich in unmittelbarer Nähe einer Kaserne im südöstlichen Londoner Stadtteil Woolwich abgespielt. Ein in den britischen Medien verbreitetes Video zeigt einen dunkelhäutigen Mann mit einem Messer und einem Fleischerbeil in seinen blutverschmierten Händen.
Er soll "Allahu Akbar" ("Gott ist groß") gerufen haben. Er rief ferner dazu auf, die Regierung abzusetzen. "Sie kümmert sich nicht um Euch!", sagte er. "Wir schwören beim allmächtigen Allah, wir hören nie auf, Euch zu bekämpfen, bis Ihr uns in Ruhe lasst", sagte er in die Kamera. "Auge um Auge, und Zahn um Zahn. Es tut mit leid, dass Frauen das mit ansehen mussten. Aber in unserem Land müssen Frauen dasselbe mitansehen. Ihr werdet nie sicher sein."
Muslimische Gruppen verurteilen Angriff in London
Mehrere muslimische Gruppen in Großbritannien haben den mutmaßlichen Terrorangriff auf einen Soldaten in London aufs schärfste verurteilt. Eine solche barbarische Tat habe keinerlei Basis im Islam, hieß es am Donnerstag vom britischen Muslimrat. Alle Menschen und Gruppen, egal ob muslimisch oder nicht, müssten nun zusammenhalten. Die Polizei müsse dafür sorgen, dass keine Spannungen hochkochten. Der Rat betonte zudem, dass Muslime seit langem als Soldaten in der britischen Armee arbeiteten, und dies mit Stolz täten.
Die brutale Attacke habe die Täter "vom Islam ausgeschlossen", sagte Paul Salahuddin Armstrong von der Vereinigung der britischen Muslime. Im Koran gebe es keinerlei Rechtfertigung für eine solche Tat. "Die Männer, die das getan haben, haben nicht in meinem Namen gehandelt, oder in dem meiner Glaubensgemeinschaft oder dem Rest des Landes", sagte Julie Siddiqi von der Islamic Society of Britain dem Sender BBC. "London und unsere Nation werden zusammenhalten und sich nicht trennen lassen", erklärte Mohammed Shafiq von der Stiftung Ramadhan Foundation.
dpa/belga/vrt/jp/sd - Bild: Carl Court (afp)