Einen Tag vor der Parlamentswahl in Pakistan hat ein Bombenanschlag mindestens vier Menschenleben gefordert. Wie örtliche Behörden berichten, explodierte ein Sprengsatz auf einem Dorf-Markt in Nord-Wasiristan nahe der Grenze zu Afghanistan.
Insgesamt kamen während des Wahlkampfs mehr als 110 Menschen ums Leben. In den meisten Fällen hatten pakistanische Taliban Vertreter der säkularen Parteien angegriffen. Die pakistanischen Taliban (TTP) halten die Wahl für "unislamisch".
Am Donnerstag wurde außerdem der Sohn von Ex-Premierminister Yousuf Raza Gilani, Syed Ali Haider Gilani, entführt. Er kandidiert für die bislang regierende Volkspartei. Die Kandidaten mussten ihre Kampagnen nach den Vorgaben der Wahlkommission um Mitternacht beenden.
Zahlen und Fakten zur Pakistan-Wahl
Die Parlamentswahl in der südasiatischen Atommacht Pakistan am Samstag hat historische Dimensionen: Erstmals seit der Unabhängigkeit von britischer Kolonialherrschaft 1947 übergibt eine zivile Regierung nach einer vollen Legislaturperiode die Macht an eine demokratisch gewählte Nachfolgeregierung.
Da auch am Wahltag Gewalt befürchtet wird, sollen mehr als 600.000 Sicherheitskräfte die Abstimmung schützen, darunter 70.000 Soldaten. Mehr als 86 Millionen der über 180 Millionen Pakistaner sind dazu aufgerufen, in einem der knapp 70.000 Wahllokale ihre Stimme abzugeben.
272 Sitze in der Nationalversammlung - dem Unterhaus des Parlaments - in Islamabad werden vergeben. Weitere 60 Sitze sind für Frauen reserviert, zehn weitere für religiöse Minderheiten. Diese Sitze stehen am Samstag nicht zur Wahl, sondern werden danach von den Parteien je nach ihrem Abschneiden besetzt. Ein Beispiel: Sollte eine Partei bei der Wahl ein Drittel der 272 Sitze gewinnen, dürfte sie anschließend auch ein Drittel der Frauen- und ein Drittel der Minderheiten-Sitze besetzen.
Gewählt wird nach dem Mehrheitswahlrecht: Wer in einem der 272 Wahlkreise am stärksten abschneidet, gewinnt dort den Sitz. Die Stimmen der Verlierer verfallen. 6850 Bewerbungen hat die Wahlkommission zugelassen. In dieser Zahl sind auch Kandidaten erfasst, die in mehr als einem Wahlkreis kandidieren und daher mehrfach gezählt werden. In Pakistan ist es erlaubt, in mehreren Wahlkreisen gleichzeitig zu kandidieren. Bei einem Mehrfachsieg muss sich der Kandidat für den Sitz eines Wahlkreises entscheiden, in den anderen Distrikten muss nachgewählt werden.
Die wichtigsten Themen sind die schlechte Sicherheitslage, die Wirtschaftskrise und die Energieknappheit. Seit der Wahl 2008 führt die Volkspartei PPP von Präsident Asif Ali Zardari - dem 57 Jahre alten Witwer von Ex-Premierministerin Benazir Bhutto - eine Regierungskoalition mit wechselnden Partnern an. Die PPP hatte damals 30,8 Prozent der Stimmen gewonnen, gefolgt von der Muslim-Liga des heute 63-jährigen Ex-Premierministers Nawaz Sharif (PML-N), die auf 23,1 Prozent der Stimmen kam.
Umfragen sagen der PPP eine Niederlage voraus. Demnach kann die PML-N mit einem Wahlsieg rechnen, gefolgt von der Tehreek-e-Insaf (Bewegung für Gerechtigkeit/PTI) des ehemaligen Kricket-Stars Imran Khan (60). Die PTI hatte die Parlamentswahl 2008 boykottiert. Die Wahlbeteiligung lag damals bei 43,7 Prozent.
Neben der Nationalversammlung werden am Samstag die Regionalparlamente aller vier pakistanischen Provinzen Punjab, Sindh, Khyper-Pakhtunkhwa und Baluchistan gewählt.
dradio/dpa/okr - Bild: Rizwan Tabassum (afp)