Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist wegen Steuerhinterziehung in einem Berufungsprozess zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Ein Mailänder Gericht befand den 76-jährigen Medienzaren und Milliardär in dem Verfahren um seinen Mediaset-Konzern des Steuerbetrugs für schuldig.
Sollte das Urteil rechtskräftig werden, darf Berlusconi auch fünf Jahre lang keine öffentlichen Ämter übernehmen, wäre also politisch außen vor. Seine Anhänger werteten das Urteil als Schlag gegen die große Koalition in Rom, an der Berlusconis Partei PdL beteiligt ist.
Offen ist, welche Folgen das Urteil für die noch junge Regierung unter Enrico Letta haben könnte. Immerhin droht Berlusconi noch im Mai auch eine erste Verurteilung in seinem brisanten "Ruby"-Prozess.
Berlusconi will Verantwortungsbewusstsein zeigen
Das Gericht bestätigte am Mittwoch in zweiter Instanz die harte erste Verurteilung zu vier Jahren Haft auf das Komma genau. Drei Jahre werden Berlusconi allerdings unter Berufung auf ein Gesetz zur Strafermäßigung von 2006 erlassen. Das Ämterverbot dürfte der Abgeordnete Berlusconi besonders fürchten, sollte das Kassationsgericht in Rom das jüngste Urteil - vor einer möglichen Verjährung Mitte 2014 - bestätigen.
Ein Urteil wird in Italien erst in der dritten Instanz definitiv rechtskräftig. Es gilt als sicher, dass Berlusconis Anwälte sofort in Berufung gehen. Ihr Mandant hatte sich für völlig unschuldig erklärt und sieht sich als politisches Opfer der Mailänder Justiz. Berlusconi-Anwalt Nicolò Ghedini wetterte gegen "voreingenommene Richter", sah aber andererseits "keinen Zusammenhang zwischen dem Urteil und der politischen Stabilität des Landes".
Sollte Berlusconi wegen seiner Probleme mit der Justiz die große Koalition mit dem linksliberalen Regierungschef Enrico Letta platzen lassen, hätte seine Mitte-Rechts-Partei nach Umfragen gute Chancen, vorgezogene Wahlen zu gewinnen. Berlusconi kündigte jedoch nach Medienberichten an, jetzt "Verantwortungsbewusstsein" zu zeigen. Durch Berlusconis Termine und dessen Antrag an das höchste italienische Gericht hatte neben dem Mediaset-Verfahren auch sein pikanter "Ruby"-Prozess um angeblichen Amtsmissbrauch und Sex mit minderjährigen Prostituierten lange auf Eis gelegen. Dieser Prozess wird am Montag fortgesetzt und steht ebenfalls vor dem Abschluss.
"Massivster Steuerbetrug"
Berlusconi wertete das Mediaset-Urteil als "Angriff auf seine politischen Rechte". Eine parlamentarische Kommission sollte diese Attacken der Justiz auf ihn untersuchen und dann stoppen, sagte Berlusconi. Er habe sich niemals mit den Bilanzen seiner Mediaset-Gruppe befasst. Hingegen waren die Richter bereits in erster Instanz über die Forderungen der Anklage hinausgegangen und hatten Berlusconi dafür verurteilt, mit einem System "massivsten Steuerbetrugs" die Kosten für TV-Rechte um Hunderte von Millionen Euro aufgebläht zu haben. Zehn Millionen Euro soll er dafür jetzt an den Staat zurückzahlen.
Berlusconi hatte einen Antrag auf Verlegung seiner Prozesse nach Brescia gestellt, weil die Mailänder Richter befangen seien. Diesen Antrag hatte das Kassationsgericht in Rom am Montag jedoch verworfen. Jetzt setzt er im Mediaset-Prozess auf ein weiteres Manöver seiner Anwälte, die im Streit um eine Verfahrensfrage den Prozess stoppen wollen. Darüber entscheidet das Kassationsgericht bereits im Juni.
dpa/jp - Bild: Alberto Pizzoli (afp)