Die Vereinten Nationen haben Hinweise, dass die syrischen Rebellen Giftgas eingesetzt haben. "Nach den Aussagen, die wir gesammelt haben, haben die Rebellen Chemiewaffen eingesetzt und auf das Gas Sarin zurückgegriffen", sagte Carla del Ponte, Mitglied der UN-Kommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen in Syrien. "Die Ermittlungen sind noch lange nicht abgeschlossen", fügte die frühere Chefanklägerin der UN-Gerichte für Ex-Jugoslawien und Ruanda im Schweizer Fernsehsender RSI am Sonntagabend hinzu.
Ein Sprecher der Freien Syrischen Armee (FSA) versicherte, die FSA habe damit nichts zu tun. Luai al-Mekdad sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Wir besitzen kein Sarin-Gas, und wir streben auch nicht danach, es in unseren Besitz zu bringen."
Rebellen und syrische Regierung werfen sich seit einigen Wochen gegenseitig den Einsatz von Giftgas vor. US-Präsident Barack Obama hatte den Einsatz chemischer Waffen durch die syrischen Streitkräfte als "rote Linie" bezeichnet, bei deren Überschreitung eine Intervention möglich sei. Neben den Gefahren für die syrische Bevölkerung sehen westliche Geheimdienste auch das Risiko, dass die chemischen Waffen, die das Regime von Präsident Baschar al-Assad hortet, Terrorgruppen in die Hände fallen könnten.
"Unsere Ermittlungen müssen durch neue Zeugenaussagen weiter vertieft, verifiziert werden", sagte del Ponte. "Doch soweit wir das feststellen konnten, haben bisher nur die Widersacher des Regimes das Gas Sarin eingesetzt." Ob auch das Regime zu Giftgas greife, müssten weitere Ermittlungen ergeben.
Die Freie Syrische Armee ist ein von Deserteuren gegründeter loser Verband bewaffneter Revolutionsbrigaden unter General Salim Idriss. Die in Syrien operierenden verschiedenen islamistischen Rebellenbrigaden, von denen einige ein "Kalifat" in Syrien gründen wollen, gehören der FSA nicht an.
Carla del Ponte - Schweizer Staatsanwältin jagt Kriegsverbrecher
Die 66 Jahre alte Staatsanwältin Carla del Ponte stammt aus dem italienischsprachigen Schweizer Kanton Tessin. Von 1994 bis 1998 leitete sie die schweizerische Bundesanwaltschaft. International bekannt wurde sie als Chefanklägerin des UN-Tribunals für Menschenrechtsverletzungen in Ruanda (1999 bis 2003) sowie des internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (1999 bis 2007).
Über ihre Zeit in Den Haag berichtete sie in ihrer 2008 erschienenen Autobiografie "Im Namen der Anklage - Meine Jagd auf Kriegsverbrecher und die Suche nach Gerechtigkeit". 2008 bis 2011 war Del Ponte Botschafterin der Schweiz in Argentinien. Im September 2012 wurde sie in die UN-Kommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen in Syrien berufen.
dpa/est - Bild: Fabrice Coffrini (afp)