Israelische Politiker sehen nach Hinweisen auf einen Chemiewaffeneinsatz in Syrien die USA in der Pflicht. Israelische Medien berichteten am Sonntag zwar, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe seinen Ministern einen Maulkorb verpasst und sie dazu aufgefordert, sich nicht ohne Abstimmung zum Syrienkonflikt zu äußern. Dennoch gibt es erneut kritische Äußerungen gegenüber Washington.
Am Sonntag sagte der israelische Umweltminister Amir Perez, die internationale Gemeinschaft hätte schon längst in Syrien eingreifen müssen. "Wir erwarten, dass jene, die rote Linien definieren, das Notwendige unternehmen, allen voran die USA", sagte er vor der wöchentlichen Kabinettssitzung.
Auch der israelische Vize-Außenminister Zeev Elkin hatte am Freitag im israelischen Armee-Radio gesagt, Washington solle über ein militärisches Eingreifen nachdenken, um die syrischen Chemiewaffen unter Kontrolle zu bringen. US-Präsident Barack Obama müsse nun zeigen, ob er hinter der angekündigten "roten Linie" auch stehe, sagte Elkin, der der national-konservativen Likud-Partei angehört.
Der israelische Botschafter in Washington, Michael Oren, stellte in der Zeitung "Jerusalem Post" (Sonntag) jedoch klar, dass Israels "rote Linie" in dem Konflikt anders verlaufe als die von Washington gezogene. Für die israelische Regierung sei die Übergabe von chemischen Waffen an die libanesische Hisbollah-Miliz inakzeptabel.
Obama verlangt eine genaue Prüfung der Vorwürfe über den Einsatz chemischer Waffen durch syrische Regierungstruppen. Die US-Regierung hatte am Donnerstag in einem Brief an den Kongress mitgeteilt, es könne mit "unterschiedlichen Graden der Sicherheit" gesagt werden, dass Gift zur Verwendung gekommen sei. Es handele sich dabei wahrscheinlich um das Nervengift Sarin.
Obama hatte Syriens Präsident Baschar al-Assad mit weitreichenden Konsequenzen im Falle eines Chemiewaffeneinsatzes gedroht und vom Überschreiten einer "roten Linie" gesprochen. Das Regime in Damaskus streitet alle Vorwürfe ab. Die syrische Opposition beschuldigte die Regierung am Wochenende allerdings erneut. Die Nationale Koalition erklärte unter Berufung auf Rebellen, dass sich nach einem Raketenangriff in Daraja - südlich von Damaskus - eine Wolke aus giftigen Gasen gebildet habe. 42 Menschen seien mit massiven Atemproblemen und allergischen Reaktionen in Kliniken gebracht worden. Solche Meldungen sind von unabhängiger Seite allerdings nur schwer zu überprüfen.
dpa - Bild: David Silverman (afp)