Im Skandal um den weltweiten Verkauf von Brustimplantaten aus billigem Industriesilikon hat der erste Strafprozess gegen die Verantwortlichen begonnen. In Marseille stehen seit Mittwoch der Gründer des mittlerweile insolventen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP), Jean-Claude Mas, sowie vier seiner früheren Mitarbeiter vor Gericht.
Ihnen drohen wegen Betrugs und schwerer Verbrauchertäuschung bis zu fünf Jahre Haft. Das Verfahren gilt als eines der größten in der französischen Geschichte. Mehr als 5000 geschädigte Frauen haben Anzeige erstattet. Weltweit haben Chirurgen Schätzungen zufolge Hunderttausende Silikonkissen des französischen Unternehmens implantiert.
Der Skandal war erst entdeckt worden, nachdem sich Hinweise auf eine erhöhte Reißanfälligkeit der Produkte gehäuft hatten. Zudem gab es 2009 einen anonymen Hinweis auf den Betrug. Bis heute ist unklar, seit wann genau PIP nicht zugelassenes Silikon verwendete. In den Vernehmungen widersprachen sich die Angeklagten.
In Vernehmungen hat PIP-Gründer Mas den Betrug eingeräumt. Ihm drohen weitere Prozesse wegen fahrlässiger Körperverletzung und Straftaten wie Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen und Insolvenzbetrug. Schadenersatz könne die Opfer von Mas allerdings kaum erwarten. Zum Prozessauftakt gab der 73-Jährige an, Rentner zu sein und lediglich 1800 Euro im Monat zur Verfügung zu haben. Etliche Opfer buhten ihn zu Beginn des Prozesses aus.
Der Verdacht eines möglichen Zusammenhangs zwischen PIP-Brustimplantaten und Krebserkrankungen ist bislang nicht bewiesen. Das nicht zugelassene Silikon kann Entzündungen auslösen, wenn es durch einen Riss austritt. Mehrere Länder haben Betroffenen in einer beispiellosen Aktion empfohlen, sich ihre Silikonkissen vorsichtshalber entfernen zu lassen.
Ein Befangenheitsantrag gegen das Gericht in Marseille war kurz vor Prozessbeginn gescheitert. Der von Verteidigern eingeschaltete Kassationshof in Paris erklärte sich für nicht zuständig. Die mündliche Verhandlung des am Mittwoch begonnenen Verfahrens soll bis zum 17. Mai dauern. Ein Urteil wird gegen Ende des Jahres erwartet.
dpa/est - Bild: Anne-Christine Poujoulat (afp)