Der Bombenanschlag von Boston hat weltweit Entsetzen ausgelöst und Ängste vor einer neuen Terrorwelle geschürt. Bei der Explosion von zwei Sprengsätzen während des traditionsreichen Marathons in der US-Ostküstenstadt waren am Montagnachmittag (Ortszeit) drei Menschen ums Leben gekommen und weit mehr als 100 verletzt worden. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. Das Weiße Haus geht von einem Terroranschlag aus. US-Präsident Barack Obama kündigte an, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Es handelte sich um die ersten tödlichen Bombenanschläge in den USA seit den Terrorangriffen vom 11. September 2001. Unter den Toten ist auch ein achtjähriger Junge.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die "sinnlose Gewalt". Kremlchef Wladimir Putin sprach von einem barbarischen Verbrechen und forderte eine aktive Koordination des weltweiten Anti-Terror-Kampfs. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und der britische Premierminister David Cameron reagierten schockiert.
Tat einheimischer Extremisten
In mehreren TV-Sendern äußerten Experten die Vermutung, dass die Tat eher auf das Konto einheimischer Extremisten gehen dürfte und es sich wohl nicht um eine internationale Terroraktion gehandelt habe. So sei der Angriff augenscheinlich zwar sorgfältig geplant, aber die Sprengsätze seien nicht sehr ausgeklügelt gewesen. Sonst hätte es weitaus mehr Todesopfer gegeben, so die einhellige Meinung der Fachleute.
"Jeder Vorfall mit mehreren Sprengsätzen - wie es in diesem Fall erscheint - ist klar ein Terrorakt und wird als Terrorakt behandelt", erklärte ein Sprecher des Weißen Hauses. Im Zuge einer gründlichen Untersuchung müsse geklärt werden, ob der Angriff auf das Konto von ausländischen oder einheimischen Terroristen gehe.
Bostons Polizeichef Ed Davis wies Berichte zurück, nach denen ein Tatverdächtiger gefasst worden sei. Es würden mehrere Menschen vernommen, bestätigte Davis lediglich. Der Polizeichef und Vertreter der Bundespolizei FBI wollten sich auch nicht zu Berichten äußern, nach denen bis zu fünf weitere nicht explodierte Sprengsätze entdeckt worden seien.
Präsident Obama sprach in seiner kurzen Rede von einer "Tragödie". "Wir finden heraus, wer das war. Wir werden sie zur Rechenschaft ziehen", sagte er im Weißen Haus in Washington.
Explosionen binnen 12 Sekunden
Die Explosionen ereigneten sich binnen 12 Sekunden in der Nähe der Ziellinie. US-Sender zeigten Bilder von Rauchsäulen und fliehenden Menschen. Rettungskräfte brachten Verletzte auf Tragen zu Krankenwagen. Kliniksprecher berichteten von Opfern, denen Gliedmaßen abgerissen worden seien.
Bereits Stunden vor den Explosionen hatten die ersten Läufer die Ziellinie überquert. "Ich hörte zwei sehr laute Explosionen", berichtete ein Augenzeuge.
Kurz nach den Explosionen schalteten die Behörden vorübergehend das Mobilfunknetz in Boston ab, um mögliche Fernzündungen weiterer Sprengsätze zu verhindern. Auch der Luftraum über der 625.000 Einwohner-Stadt wurde zwischenzeitlich gesperrt. In anderen größeren US-Städten wurden die Sicherheitsvorkehrungen an strategisch wichtigen Orten ebenfalls verstärkt.
Bei dem Bombenanschlag auf den Boston-Marathon gab es entgegen anderer Meldungen keine Blindgänger. Das hat der Gouverneur von Massachusetts mitgeteilt. Zunächst hatte es in Medienberichten geheißen, dass möglicherweise zwei oder drei weitere Sprengsätze entdeckt worden seien, die glücklicherweise nicht funktioniert hätten. Dabei habe es sich zwar um verdächtige Gegenstände, aber nicht um Bomben gehalten, stellte der Gouverneur
Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 finden große Sportveranstaltungen in den USA unter strengsten Vorkehrungen statt. Der Boston-Marathon gehört zu den populärsten Rennen an der amerikanischen Ostküste. In diesem Jahr war die letzte Meile des Boston-Marathons den Opfern des Amoklaufs von Newtown gewidmet.
Erhöhte Alarmbereitschaft weltweit
In Frankreich wies Innenminister Grundsatzrede Manuel Valls die regionalen Polizeibehörden an, öfter auf Patrouille zu gehen. Öffentliche Orte und Einrichtungen sollen besonders bewacht werden. Für Deutschland sieht das Innenministerium keine erhöhte Terrorgefahr: Die Sicherheitslage sei unverändert, sagte ein Ministeriumssprecher, Deutschland stehe nach wie vor im Fadenkreuz des internationalen Terrors.
Die Organisatoren mehrerer großer Sportveranstaltungen kündigten eine Überprüfung ihrer Sicherheitskonzepte an. Der London-Marathon soll wie geplant am kommenden Sonntag stattfinden, wie Chef-Organisator Nick Bitel dem Sender BBC sagte. Die Organisatoren der Leichtathletik-Weltmeisterschaft im August in Moskau kündigten zusätzliche Kontrollen der Besucher an.
In Belgien bleibt die Terrorwarnstufe unverändert. Das hat die zuständige Behörde mitgeteilt.
dpa/vrt/jp/okr/rop - Bild: Darren McCollester/Getty Images (afp)