In Erwartung eines möglicherweise bevorstehenden nordkoreanischen Raketenstarts sind die Streitkräfte Südkoreas und der USA in erhöhter Alarmbereitschaft. Die Wachsamkeitsstufe der gemeinsamen Streitkräfte sei erhöht worden, teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Seoul am Mittwoch mit. Nach Berichten südkoreanischer Medien verstärken beide Länder damit ihre militärische Aufklärung gegenüber Nordkorea.
Südkorea und die USA vermuten, dass Nordkorea noch in dieser Woche eine Mittelstreckenrakete mit einer Reichweite von bis zu 4000 Kilometern von einer mobilen Startrampe von der Ostküste abfeuern wird. Ein solcher Schritte wäre eine deutliche Eskalation in der ohnehin stark angespannten Situation auf der koreanischen Halbinsel.
28.500 US-Soldaten als Abschreckung
Das gemeinsame Kommando der amerikanisch-südkoreanischen Streitkräfte hob den Berichten zufolge das vierstufige Warnsystem "Watchcon" für die Beobachtung militärischer Bewegungen in Nordkorea von Stufe drei auf zwei an. Die USA haben in Südkorea 28.500 Soldaten als Abschreckung gegen eine mögliche nordkoreanische Aggression stationiert.
Der Kommandeur der US-Streitkräfte im Pazifik, Admiral Samuel Locklear, hatte zuvor bestätigt, dass Nordkorea eine Mittelstreckenrakete des Typs "Musudan" an die Ostküste des Landes verlegt habe. Die Rakete könnte theoretisch die US-Pazifikinsel Guam, jedoch nicht das amerikanische Festland treffen, sagte Locklear dem Streitkräfteausschuss des US-Senats in Washington.
Zudem bezeichnete Locklear den Test von Langstreckenraketen und Nuklearwaffen durch Nordkorea als unmittelbare Bedrohung. Es gehe davon eine "eindeutige und direkte Bedrohung für die nationale Sicherheit Amerikas sowie für Frieden und Stabilität in der gesamten Region" aus, sagte Locklear laut dem Fernsehsender CNN.
Die Lage auf der koreanischen Halbinsel gilt seit dem dritten Atomtest in Nordkorea im Februar als extrem gespannt. Pjöngjang hatte angesichts der Ausweitung von UN-Sanktionen und südkoreanisch- amerikanischer Militärmanöver den Waffenstillstandsvertrag von 1953 aufgekündigt, den USA einen atomaren Präventivschlag angedroht und den "Kriegszustand" mit Südkorea ausgerufen.
Am Dienstag hatte Nordkorea allen in Südkorea lebenden Ausländern das Verlassen des Landes nahegelegt. Auch lässt Nordkorea inzwischen keine Arbeiter aus dem eigenen Land mehr in den gemeinsam mit Südkorea betriebenen Industriepark in Kaesong. Die Produktion in dem Gewerbekomplex in der nordkoreanischen Grenzstadt steht still.
Cyberattacke: Südkorea beschuldigt Nordkorea
Südkorea macht Nordkorea für einen massiven Cyberangriff auf die Computernetze mehrerer einheimischer Sender und Banken im März verantwortlich. Das Vorgehen bei den Attacken gleiche der Methode, die Nordkorea bei früheren Hackerangriffen angewandt habe, erklärte das Wissenschaftsministerium in Seoul am Mittwoch auf der Grundlage erster Ermittlungen. Dahinter könnte das militärische Aufklärungsbüro des Nachbarlandes stecken.
Über IT-Adressen im Ausland seien bösartige Codes in den betroffenen Computern abgelegt worden, hieß es. Südkorea beschuldigt Pjöngjang, in den vergangenen Jahren eine Reihe von Cyberangriffen auf Websites von Behörden und Finanzinstituten des Landes unternommen zu haben.
Bei einem spektakulären Angriff am 20. März waren neben Tausenden von Computern bei den Sendern KBS, MBC und dem Nachrichtenkanal YTN auch die Netze von drei südkoreanischen Banken lahmgelegt worden. Bei weiteren Attacken an den darauffolgenden Tagen waren Server von YTN und Websites einiger Anti-Pjöngjang-Organisationen betroffen.
dpa/sh - Bild: Jung Yeon-Je (afp)