Die EU rügt die belgische Justiz, weil sie kaum moderne Kommunikationsmittel nutzt und nur unzureichend die Qualität der eigenen Arbeit weiterentwickelt.
Die EU-Kommission hat zum ersten Mal ein Ranking der Justizsysteme in den Mitgliedstaaten erstellt. Nur Luxemburg erhielt im Bereich der Evaluierung der eigenen Arbeit eine ähnlich schlechte Note wie Belgien.
Auch im Bereich der Onlinekommunikation laufe die belgische Justiz den anderen Ländern hinterher. So gebe es praktisch keinen E-Mail-Verkehr zwischen Justiz und Bürgern. Die Justizbehörden beklagen seit längerem mangelnde IT-Ausrüstung.
Langsame Justiz hält Investoren fern
Lange Gerichtsverfahren schrecken in einigen EU-Ländern nach Ansicht der EU-Kommission ausländische Investoren und Unternehmer ab. Das geht aus einem Vergleich der Justizsysteme der 27 EU-Mitglieder hervor, den die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel veröffentlicht hat. Dabei kamen große Unterschiede zutage: Während etwa die Gerichte zivil- und handelsrechtliche Verfahren in den meisten Staaten innerhalb eines Jahres abschließen, benötigt die Justiz in Malta im Schnitt deutlich über zwei Jahre.
"Wo das Rechtssystem ineffektiv ist, bleiben Investoren weg", sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding. "Wie sollen Unternehmen und Staaten Erfolg haben, wenn es vier bis fünf Jahre bis zur ersten Anhörung dauert?" Mängel in der Justiz eines einzelnen EU-Mitglieds schadeten dem gesamten EU-Binnenmarkt. Im EU-weiten Vergleich lag Deutschland in den wichtigsten Kategorien im vorderen Mittelfeld.
Es ist das erste Mal, dass die EU-Kommission der Justiz in allen 27 Mitgliedsländern auf die Finger schaut. Reding sprach von einem Frühwarnsystem, um Trends aufzudecken. Die EU-Experten konzentrierten sich beim Vergleich der Justizsysteme auf Zivil-, Handels- und Verwaltungsrecht - also Bereiche, die für Unternehmer und Investoren besonders wichtig sind.
Die Studie sei "kein Schönheitswettbewerb", betonte die Justizkommissarin. Die unterschiedlichen Rechtssysteme der EU-Mitglieder sollten erhalten bleiben, aber verbessert werden. Im Mai will die Kommission den Staaten konkrete Vorschläge machen.
dpa/vrt/okr - Bild: Louisa Gouliamaki (afp)