Nach der Flucht des zentralafrikanischen Präsidenten François Bozizé hat sich Rebellenführer Michel Djotodia zum neuen Staatsoberhaupt des Krisenlandes ernannt. Er wolle sich noch am Montag mit einer Rede an das Volk wenden, berichtete der französische Sender RFI am Morgen. Innerhalb von drei Jahren will Djotodia nach eigenen Angaben demokratische Wahlen abhalten. Der Anwalt und Menschenrechtler Nicolas Tiangaye soll Premierminister bleiben. Der 56 Jahre alte ehemalige Oppositionspolitiker war nach Friedensgesprächen mit der Regierung Mitte Januar von den Rebellen für das Amt bestimmt worden.
Regierungskritische Seleka-Rebellen hatten am Wochenende die Hauptstadt Bangui und den Präsidentenpalast eingenommen. Der arabische Sender Al-Dschasira berichtete von schweren Plünderungen in der gesamten Stadt. "Die Situation ist äußerst prekär. Die meisten Bewohner sind in ihren Häusern, weil fast alles geplündert wurde", zitierte der Sender eine UN-Mitarbeiterin vor Ort.
Ban verurteilt Machtübernahme der Rebellen
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die Machtübernahme der Rebellen in der Zentralafrikanischen Republik verurteilt und eine rasche Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung gefordert. Zugleich zeigte er sich über Berichte von schweren Menschenrechtsverstößen besorgt, wie sein Sprecher am Sonntagabend (Ortszeit) in New York mitteilte.
Nach monatelangem Konflikt mit der Regierung hatten Rebellen am Sonntag den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Bangui eingenommen. Staatsoberhaupt François Bozizé sei auf der Flucht und soll Zuflucht im Nachbarland Kongo gesucht haben, zitierte der arabische Sender Al-Dschasira einen Milizensprecher. Ein Regierungssprecher bestätigte die Angaben.
Frankreichs Präsident François Hollande forderte die Rebellen zum Dialog mit der Regierung auf. Die Allparteienregierung sei das Ergebnis des Friedensabkommens von Libreville vom 11. Januar, erklärte er am Sonntag in Paris. Auch Ban bezeichnete das unter Vermittlung der Wirtschaftsgemeinschaft Zentralafrikanischer Staaten (ECCAS) erzielte Abkommen als beste Grundlage für dauerhaften Frieden und Stabilität in der Zentralafrikanischen Republik.
Schlechte humanitäre Lage
Sorgen bereiteten dem UN-Generalsekretär auch die schlechte humanitäre Lage in dem Land sowie die gemeldeten Plünderungen in der Hauptstadt Bangui, inklusive der dortigen UN-Einrichtungen. Die Vereinten Nationen würden alles tun, um ihre Mitarbeiter zu schützen. Auch Hollande rief die bewaffneten Gruppen auf, die Rechte der Bevölkerung zu achten.
Angesichts der sich zuspitzenden Lage hatte die frühere Kolonialmacht Frankreich schon am Samstag eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats beantragt. Paris hat in dem Land derzeit 250 Soldaten stationiert. 300 weitere Soldaten sollen am Wochenende zur Verstärkung nach Bangui entsandt worden sein, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete. In der Zentralafrikanischen Republik leben 1250 Franzosen.
Die Lage in dem Land ist seit Monaten angespannt. Bereits im Dezember hatten die Seleka-Rebellen wichtige Städte eingenommen und waren auf dem Weg nach Bangui. Frankreich, die USA und die Zentralafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft schickten daraufhin Truppen. Nach Friedensgesprächen in Gabun hatten sich die Rebellen zunächst damit einverstanden erklärt, dass Bozizé bis 2016 im Amt bleibt.
Anfang Februar wurde eine Allparteienregierung gebildet, in der Rebellen und Oppositionspolitiker wichtige Posten bekamen. Der Deal sah auch vor, Seleka-Kämpfer in die Armee zu integrieren. Die Miliz wirft Bozizé vor, dieses Versprechen nicht eingehalten zu haben.
Die Zentralafrikanische Republik war 1960 unabhängig geworden. Das Land, das an andere Krisenstaaten wie den Kongo und den Sudan grenzt, ist seit Jahrzehnten von politischer Instabilität geprägt. Trotz reicher Rohstoffvorkommen an Diamanten, Gold und Uran gehört es nach wie vor zu den ärmsten Staaten der Erde.
dpa/jp - Bild: Fabrice Coffrini (afp)