Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat der benachbarten Atommacht Pakistan schwere Versäumnisse im Kampf gegen den Terrorismus vorgeworfen. Karsai sagte am Montag nach einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Kabul, die Anschläge gegen Schiiten in den pakistanischen Städten Karachi und Quetta in diesem Jahr mit insgesamt weit über 200 Toten zeigten, dass die Lage außer Kontrolle gerate.
"Das ganze Land steht in den Flammen des Terrorismus." Der Terrorismus bedrohe die Sicherheit in der ganzen Region. Karsai wirft Pakistan regelmäßig vor, nicht gegen Extremisten vorzugehen, die Ziele auch in Afghanistan angreifen.
Karsai und Rasmussen übten scharfe Kritik an dem pakistanischen Geistlichen Tahir Ashrafi, der nach einem afghanischen Medienbericht kürzlich Selbstmordanschläge gegen ausländische Truppen in Afghanistan gerechtfertigt hatte. Ashrafi dementierte später, sich für Selbstmordanschläge ausgesprochen zu haben. Den "Heiligen Krieg" gegen ausländische Truppen bezeichnete er auf Nachfrage aber als erlaubt.
Rasmussen rief die Regierung in Islamabad dazu auf, Terrorismus und Extremismus im Grenzgebiet stärker zu bekämpfen.
Zahl der Toten nach Anschlag in Pakistan auf über 50 gestiegen
Nach dem verheerenden Anschlag auf Schiiten mit mehr als 50 Toten ist das öffentliche Leben in der südpakistanischen Millionenmetropole Karachi zum Stillstand gekommen. Die Regierung der Provinz Sindh erklärte den Montag zum offiziellen Trauertag, Flaggen an öffentlichen Gebäuden wurden auf Halbmast gesetzt. Mehrere schiitische Organisationen riefen nach dem Anschlag vom Sonntagabend zu dreitägiger Trauer auf. Ihnen schlossen sich auch die untereinander verfeindeten Regionalparteien MQM und ANP an.
Geschäfte öffneten am Montag in Karachi nicht, der öffentliche Nahverkehr kam zum Erliegen. Schulen und Universitäten in der Hafenstadt blieben aus Solidarität mit den Opfern geschlossen. Die Zahl der Toten bei dem Anschlag in der Provinzhauptstadt stieg auf mindestens 52. 127 Menschen seien bei der Explosion in einem Viertel der religiösen Minderheit verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Die Autobombe mit 150 Kilogramm Sprengstoff sei ferngezündet worden.
Sindhs Polizeichef Fayyaz Leghari sagte der Zeitung "The News", als Urheber verdächtige man die Taliban und die ebenfalls sunnitische Gruppe Lashkar-e-Jhangvi (LeJ). Die LeJ hatte sich im Januar und Februar zu zwei Anschlägen auf Schiiten in der südwestpakistanischen Stadt Quetta mit insgesamt mehr als 175 Toten bekannt. Schiiten stellen 20 Prozent der mehr als 180 Millionen Pakistaner und werden immer wieder von sunnitischen Extremisten angegriffen.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) zählte im vergangenen Jahr mehr als 400 Schiiten, die bei "gezielten Angriffen" in Pakistan getötet wurden. Das waren den Angaben zufolge mehr schiitische Todesopfer als jemals zuvor in Pakistan.
Der Sender Geo TV zeigte am Montag Bilder aus Karachi, auf denen zu sehen war, wie trauernde Angehörige ihre Toten bestatteten. Präsident Asif Ali Zardari and Premierminister Raja Pervez Ashraf hatten den Anschlag bereits am Sonntagabend verurteilt.
dpa/mh - Bild: Shah Marai (afp)