Der ungeklärte Tod eines palästinensischen Häftlings in einem israelischen Gefängnis hat die Lage im Westjordanland weiter angeheizt. Etwa 4500 palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen traten am Sonntag aus Protest in einen eintägigen Hungerstreik.
Im Westjordanland gingen die gewalttätigen Demonstrationen gegen die israelische Besatzung und für die Freilassung von Häftlingen weiter. Auch im Gazastreifen gingen Palästinenser auf die Straße.
Angesichts eines befürchteten neuen Palästinenseraufstandes (Intifada) forderte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu den Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas auf, für Ruhe und Ordnung zu sorgen.
Der Häftling Arafat Dscharadat war nach offiziellen Angaben am Vortag in der Haftanstalt Megiddo in Nordisrael an einem Herzinfarkt gestorben. Die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah forderte eine unabhängige Untersuchung. Israel kündigte eine Autopsie unter Beteiligung der palästinensischen Seite an. Wann diese stattfinden würde, war jedoch zunächst unklar.
Dscharadat war am 18. Februar festgenommen worden. Er sei zu dem Zeitpunkt nach Angaben seiner Familie bei guter Gesundheit gewesen, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Maan. Die Familie warf den Israelis nach Informationen der Zeitung "Jediot Achronot" vor, Dscharadat sei an den Folgen von Folter oder harter Verhörmethoden gestorben.
Der Tod des Vaters von zwei Kindern, dessen Frau schwanger ist, verschärfte die Spannungen im Westjordanland weiter. Hunderte Palästinenser bewarfen israelische Sicherheitskräfte in Hebron und vor allem in der nahe gelegenen Stadt Sair, aus der Dscharadat stammte. Sie forderten erneut die Freilassung von vier Palästinensern aus israelischer Haft, die seit Monaten im Hungerstreik sind. Am Vortag war zudem ein Palästinenser durch Schüsse israelischer Siedler schwer verletzt worden. Das israelische Militär setzte Tränengas und Gummigeschosse ein.
Netanjahus Gesandter Izchak Molcho rief die Palästinensische Autonomiebehörde auf, die Demonstrationen zu unterbinden. Das sagte ein hochrangiger israelischer Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur dpa. Israel habe umgerechnet 75 Millionen Euro Steuern und Zölle, die Israel für die Palästinenser erhebt, an die Palästinensische Autonomiebehörde weitergeleitet, fügte der Regierungsvertreter hinzu, der seinen Namen nicht genannt haben wollte. Damit entfalle Geldnot als Ausrede für die Untätigkeit der palästinensischen Sicherheitskräfte.
dpa - Bild: Mahmud Hams (afp)