Bei gewaltsamen Protesten gegen Präsident Mohammed Mursi und seine von den Islamisten kontrollierte Regierung sind in Ägypten mindestens neun Menschen getötet worden. Mehr als 400 weitere wurden nach Angaben von Ärzten und Sanitätern verletzt.
Im ganzen Land waren am zweiten Jahrestag der Revolution gegen den früheren Präsidenten Husni Mubarak Tausende auf die Straßen gegangen. Vielfach kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Mursi rief in der Nacht zum Samstag über Twitter zur Ruhe auf.
"Ich fordere alle Bürger auf, ihre Meinung im Sinne der noblen Prinzipien der ägyptischen Revolution friedlich und frei auszudrücken", schrieb der Präsident und kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Gewalttäter an. "Die ägyptischen Behörden werden die Kriminellen jagen und sie vor Gericht bringen", versprach er. Außerdem werde alles getan, "um friedliche Demonstrationen zu sichern und zu schützen". Zugleich drückte Mursi den Opfern der Gewalt sein Mitgefühl aus.
21 Todesurteile wegen Fußballmassakers in Ägypten
Wegen tödlicher Krawalle nach einem Fußballspiel vor knapp einem Jahr sind in Ägypten 21 Menschen zum Tode verurteilt worden. Die Urteilsverkündung am Samstag in Kairo wurde vom Staatsfernsehen direkt übertragen. Für 52 weitere Angeklagte fällt der Richterspruch am 9. März.
Vor einem Jahr waren nach einem Spiel in der Stadt Port Said Fans der Vereine Al-Ahli und Al-Masri aufeinander losgegangen. Es gab 74 Tote. Alle Spiele der Fußball-Liga wurden seitdem ausgesetzt. Die Liga soll am 1. Februar aber wieder starten. Es war die schlimmste Tragödie in der Fußballgeschichte des Landes.
Militäreinheiten nach Suez verlegt
Die schwersten Ausschreitungen gab es am Freitag in Suez. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurden neun junge Männer erschossen, als Demonstranten das Gouverneursgebäude in der Kanal-Stadt stürmen wollten. Noch in der Nacht zum Samstag wurden Militäreinheiten mit gepanzerten Fahrzeugen nach Suez verlegt. Der Armee-Einsatz sei nötig geworden, da die Polizei die Kontrolle über die Stadt verloren habe, wurde der Chef der Sicherheitsbehörde von Suez, General Adel Refat, auf der Website des staatlichen Fernsehens zitiert.
Gewalt auf den Straßen gab es auch in den Metropolen Kairo und Alexandria. Aktivistinnen berichteten zudem von sexuellen Übergriffen auf dem Tahrir-Platz in Kairo, wo die zentrale Kundgebung der Opposition stattfand. In Ismailia am Suez-Kanal zündeten Randalierer das Parteibüro der Muslimbrüder an und verwüsteten das Gouverneursgebäude, wie der TV-Sender Al-Arabija berichtete. Am Nachmittag hatten auf dem Tahrir-Platz in Kairo Zehntausende Oppositionelle gegen die regierenden Islamisten demonstriert, denen sie vorwarfen, sie hätten die "Ziele der Revolution des 25. Januar 2011 verraten".
Während es auf dem Tahrir-Platz relativ friedlich blieb, kam es in zwei Nebenstraßen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen der Ordnungspolizei und einigen Demonstranten. Bereits am Vorabend der geplanten Demonstrationen hatte es in der Umgebung des Platzes Gewalt zwischen Polizisten und jungen Regierungsgegnern gegeben, die eine Betonmauer vor dem Regierungsviertel niederreißen wollten. Dabei waren 16 Menschen verletzt worden.
Die Muslimbrüder, die Mursi im vergangenen Jahr als ihren Kandidaten für die Präsidentenwahl nominiert hatten, beteiligten sich nicht an den Protestaktionen. Bei dem ersten "Revolutionsgeburtstag" 2012 waren die Islamisten mit dabei gewesen. Damals war noch der Militärrat an der Macht, der Mubarak ein Jahr zuvor zum Rücktritt gezwungen hatte. Der Aufstand hatte am 25. Januar 2011 begonnen und 17 Tage später zum Rücktritt Mubaraks geführt.
dpa/est - Bild: Mahmoud Khaled (afp)