Kommunale Wasserversorger müssen vorerst keine Privatisierung fürchten. Sie fallen nach dem Willen des Binnenmarktausschusses des Europaparlaments nicht unter geplante neue EU-Regeln für die öffentliche Vergabe von Dienstleistungen.
Der Ausschuss stimmte am Donnerstag über Vorschläge der EU-Kommission ab. Das Plenum wird im April wahrscheinlich dem Votum des Ausschusses folgen. Danach beginnen Verhandlungen mit den EU-Ländern.
Die Abgeordneten haben damit die ursprünglichen Vorschläge der EU-Kommission etwas entschärft. Ausgenommen seien nun "reine kommunale Wasserversorger". Mehrsparten-Unternehmen, die auch Wasserversorgung betreiben, müssten allerdings die neuen Regeln einhalten.
Kritiker befürchten, dass durch neue EU-Regeln kommunale Dienstleistungen wie die Wasserversorgung in die Hände von Großkonzernen fallen. EU-Kommissar Barnier sagte, Ziel sei es, einheitliche Regeln zu erstellen, sollte sich eine Kommune freiwillig entscheiden, die Trinkwasserversorgung gemeinsam mit einem privaten Unternehmen anzubieten. In diesem Fall müsse die Vergabe an ein Privatunternehmen europaweit ausgeschrieben werden.
dpa/br/okr
Es gibt sie also doch noch, die volksfreundliche Politik!
Auch in dem Falle: leider nein. Ohnehin sollte man in Fragen der Privatisierung nicht gerade die Kommission, erst recht nicht Barnier um Rat fragen. Immerhin hat Barnier den gesamten Schlamassel angeleihert und gemeinsam mit den Interessenverbänden verfasst. Warum sollte er also seinen eigenen Gesetzesvorschlag kritisieren?
Die Privatisierung war von Beginn an durch die Hintertür geplant, und das gilt weiterhin, auch nach der Abstimmung heute im IMCO-Ausschuss des EP. Natürlich werden die Kommunen nicht direkt zur Privatisierung gezwungen. Das dürfte die Kommission auch nicht. Allerdings sollen auch nach der heute abgestimmten Version der Konzessionsrichtlinie die legalen Hürden für eine direkte Beauftragung von öffentlichen Wasserversorgern dermaßen hoch gesetzt werden, die juristischen Bedingungen dermaßen kompliziert gestaltet werden, dass die meisten Gemeinden vermutlich auf Nummer sicher gehen und ausschreiben werden. In dem Fall können sich zwar auch öffentliche Versorger bewerben, sie werden aber mit den Preisen der privaten Unternehmen nicht mithalten können. Diese können in einer Anfangsphase Dumpingpreise anbieten - die Profite aus anderen Regionen und Geschäftszweigen gleichen die anfänglichen Einbußen schon wieder aus. Haben sie den Zuschlag dann einmal erhalten, haben sie freie Hand bei der Preisfestlegung. Und wenn die Profite trotzdem mal geringer werden sollten, kann ja immer noch an der Qualität geschraubt werden.
Wasser ist ein Menschenrecht. Der Staat hat Sorge dafür zu tragen, dass jeder einzelne Zugang zu sauberem und erschwinglichem Wasser hat. Konzerne haben hier nichts zu suchen. Im Berlaymont sind sie aber Dauergast, und nicht weniger Gehör finden sie bei den konservativen, sozialistischen und liberalen Volksvertretern im Europäischen Parlament. Und entsprechend liest sich sowohl der Gesetzesvorschlag der Kommission als auch der nun im IMCO abgestimmte vermeintliche Kompromiss.
Bis zur Abstimmung im Plenum dürfte sich daran nur wenig ändern. Auch hier werden die genannten Parteien Barnier wohl nach dem Mund reden und ihm - will heißen: seinen Konzernfreunden - somit eine Mehrheit verschaffen. Übrigens würde es mich überraschen, wenn ein einsamer EVP-Vertreter aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens seine Treue zur erzkonservativen Fraktionslinie in diesem Punkt überwinden könnte. War bei Fragen des Datenschutzes, der Militarisierung der europäischen Außengrenzen oder der sozialen Ausgestaltung der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik ja nicht viel anders. Aber wer weiß? Vielleicht überzeugen ihn die vielen potentiellen Wählerinnen und Wähler, denen an einer öffentlichen Wasserversorgung gelegen ist, ja noch vom Gegenteil 😉
Sorry Herr Meyer, aber da steht was von "vorerst"....