Begleitet von Boykottaufrufen der Islamisten wählen die Jordanier ein neues Parlament. "Protest ist keine Strategie", erklärten einige der Wähler, die am Mittwochmorgen zu den Urnen gingen. Von den rund drei Millionen Wahlberechtigten hatten sich trotz der Boykottkampagne der Muslimbrüder rund 2,3 Millionen für die vorgezogenen Neuwahlen registrieren lassen.
Es ist die erste Wahl in dem Königreich seit dem Beginn des Arabischen Frühlings vor zwei Jahren, der auch in Jordanien eine Welle von Protesten nach sich gezogen hatte.
Um seine Kritiker zu besänftigen, hatte König Abdullah II. vor einigen Tagen erklärt, die Abgeordneten hätten künftig das Recht, den Regierungschef und die Mitglieder seines Kabinetts zu bestimmen. Allerdings soll dies "in Abstimmung" mit dem Herrscher geschehen, der bislang alleine den Ministerpräsidenten ausgewählt hatte.
Die von den Muslimbrüdern gegründete Islamische Aktionsfront ist die wichtigste Partei des Landes. Sie begründet ihren Boykott damit, dass die Königstreuen durch das Wahlgesetz im Vorteil seien. Außerdem fordern sie eine Verfassungsänderung, die dem Parlament mehr Kompetenzen einräumt. 47.000 Sicherheitskräfte sollen für einen störungsfreien Verlauf der Wahl sorgen. Das vorige Parlament hat der König im vergangenen Oktober aufgelöst.
Jordaniens schrillster Kandidat: Singender Gewichtheber mit Perücke
Jordaniens Wähler klagen vor jeder Wahl über die dürren Visionen der Kandidaten. Bei der Parlamentswahl an diesem Mittwoch hat einer der Kandidaten zumindest einen hohen Unterhaltungswert. Der 60 Jahre alte Ex-Bodybuilder Schibli Haddad bewirbt sich in der Provinzstadt Madaba um ein für Christen reserviertes Mandat.
In der Öffentlichkeit zeigt er sich stets mit Sonnenbrille und pechschwarzer Perücke. Sollte er ins Unterhaus einziehen, will sich Haddad für die Entdeckung der angeblich großen verborgenen Erdölvorkommen in dem Königreich einsetzen. Zusammen mit jordanischen Musikern hatte der Sohn eines Schmieds einen mit traditionellen Klängen unterlegten Popsong aufgenommen, in dem er die Leute auffordert, zu den Urnen zu gehen.
dpa/est - Bild: Khalil Mazraawi (afp)