Nach langem Gezerre haben Deutschland und Frankreich ihr Vorhaben einer europäischen Finanzsteuer durchgesetzt. Zunächst wird aber nur ein "harter Kern" von elf EU-Mitgliedsländern bei dem Prestigevorhaben mitziehen. Die EU-Finanzminister billigten am Dienstag in Brüssel das Vorangehen im Rahmen der "verstärkten Zusammenarbeit". Europa ist damit die erste Region der Welt, wo diese umstrittene Steuer auf Finanztransaktionen eingeführt wird.
"Dies ist ein Meilenstein in der weltweiten Steuergeschichte", bilanzierte der zuständige EU-Kommissar Algirdas Semeta. Er lobte die globale Vorreiterrolle Europas.
Wie die Finanzsteuer "im kleinen Kreis" genau gestaltet werden soll, ist noch nicht klar. Dazu muss die EU-Kommission einen Vorschlag machen. Eine Einigung aller 27 Staaten hatte sich nach langen Debatten als unmöglich erwiesen, da insbesondere Großbritannien und Schweden blockierten. Teilnehmer sind auch Österreich, Estland, Griechenland, Italien, Spanien, Portugal, Slowakei und Slowenien. Die Niederlande überlegen noch, ob sie mitmachen wollen.
Die Finanzsteuer war auch Thema bei den deutsch-französischen Beratungen in Berlin anlässlich des 50. Jubiläums des Elysée-Vertrags. Der französische Staatspräsident François Hollande sagte, er wolle Mittel aus der Abgabe zur Finanzierung von Programmen zur besseren Ausbildung von Jugendlichen einsetzen.
Qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten nötig
Die Möglichkeit, bei einzelnen Vorhaben in einer Gruppe von Mitgliedstaaten voranzugehen, ist ausdrücklich im EU-Vertrag verankert. Für den Beschluss war eine sogenannte qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten nötig - laut Diplomaten machten Großbritannien, Schweden, Tschechien, Malta und Luxemburg ihre ablehnende Haltung deutlich. Der amtierende Vorsitzende der europäischen Kassenhüter, Irlands Michael Noonan, meinte, es seien noch "bedeutende Verhandlungen" nötig.
"Erstmals wird die Finanztransaktionsteuer in einer Weltregion angewandt werden", sagte Kommissar Semeta. Die Europäer waren in den vergangenen Jahren in internationalen Foren wie den G20 für den geplanten Vorstoß kritisiert worden.
Die Finanzabgabe wird schon seit langem von Globalisierungskritikern gefordert. Die Kommission hatte 2011 eine Steuer vorgeschlagen, die grundsätzlich alle Finanztransaktionen erfasst. Die Abgabe soll 0,1 Prozent für den Handel mit Aktien und Anleihen betragen. Für den Handel mit spekulativen Finanzprodukten wie Derivate sind 0,01 Prozent vorgesehen. Würde die Steuer EU-weit eingeführt, kämen Einnahmen von rund 57 Milliarden Euro jährlich zusammen. Zahlen für die Gruppe der 11 fehlen bisher.
Lissabon und Dublin wollen längere Kreditlaufzeiten
Die Krisenländer Portugal und Irland wollen von ihren Geldgebern eine Verlängerung von Kreditlaufzeiten erreichen. Das bestätigte der irische Finanzminister und amtierende Vorsitzende der EU-Finanzminister, Michael Noonan, am Dienstag nach Beratungen in Brüssel. Beide Länder bekommen Hilfskredite der Europartner und des Internationalen Währungsfonds und sind nach Einschätzung der Eurogruppe auf einem guten Weg.
Entscheidungen dazu wurden bisher nicht gefällt. Zunächst erwarten die Minister im März einen Bericht. "Die Verlängerung von Laufzeiten bei niedrigen Zinsen könnte die Tragfähigkeit der irischen (Staats-)Schuld verbessern", so Noonan. Die Bedienung der Schuld könnte sich verbilligen. Die Eurogruppe hatte Griechenland eine Verlängerung von Laufzeiten um 15 Jahre schon im vergangenen November zugestanden.
dpa/mh - Bild: Georges Gobet (afp)