Das Geiseldrama in der algerischen Wüste hat mindestens 80 Menschenleben gefordert. Einen Tag nach dem blutigen Ende der Terroraktion fanden algerische Spezialeinheiten am Sonntag weitere 25 Tote in der Gasförderanlage In Amenas im Osten des Landes. Im algerischen Radio zeigte sich Kommunikationsminister Mohamed Said "sehr besorgt", dass die Zahl der Opfer weiter nach oben korrigiert werden müsse. Am Mittag war unter anderem noch das Schicksal von drei britischen und fünf norwegischen Geiseln unklar.
Mit der Erstürmung der Industrieanlage in der Wüste hatte die algerische Armee am Samstag die Geiselnahme durch islamische Terroristen blutig beendet. Vor dem letzten Angriff sollen die Islamisten noch sieben ausländische Geiseln ermordet haben. Die Geiselnahme war seit Monaten für den Fall vorbereitet, dass Algerien dem Drängen Frankreichs nach Unterstützung im Mali-Krieg nachgibt.
Nationalitäten der Opfer weiter unklar
Nach einer ersten Bilanz der algerischen Regierung konnten sich 685 algerische Beschäftigte und 107 ausländische Mitarbeiter während des mehrtägigen Dramas selbst retten oder befreit werden. 32 Terroristen waren nach diesen früheren Angaben "neutralisiert" worden - die Zahl der toten Geiseln lag bei 23. 56 Verletzte wurden nach algerischen Angaben aus dem Krankenhaus entlassen.
Die Nationalitäten der Opfer sind weiter unklar. Laut britischem Premierminister David Cameron sind mindestens drei Briten ums Leben gekommen. Vermutlich gebe es drei weitere Tote, sagte Cameron am Sonntag. Zudem gebe es ein Opfer, das ohne britische Staatsbürgerschaft in Großbritannien gelebt habe.
Mindestens 52 Philippiner haben nach Angaben der dortigen Regierung die Geiselnahme überlebt. Es sei aber noch unklar, ob es Philippiner unter den Opfern gebe. Laut rumänischem Außenministerium kamen drei Rumänen frei.
Spezialisten aus Norwegen suchten auf dem Gasfeld nach fünf Vermissten aus dem eigenen Land. Nach wie vor bestehe Hoffnung, Betroffene lebend zu finden, teilte das Außenministerium im Rundfunksender NRK mit. Ministerpräsident Jens Stoltenberg hatte zuvor gesagt, auch die Menschen in seinem Land müssten sich auf Nachrichten über mögliche Tote einstellen.
Nach Angaben algerischer Behörden waren auch 3 Belgier vor Ort. Sie sollen die Geiselnahme überlebt haben. Das Außenministerium in Brüssel hat nach eigenen Angaben aber keine Kenntnis von der Anwesenheit dreier Belgier auf dem Gasfeld.
Geiselnehmer für Blutvergießen verantwortlich
Nach anfänglicher Kritik am Vorgehen der algerischen Armee gab es nach Abschluss der Aktion viel internationale Unterstützung. US-Präsident Barack Obama machte die Geiselnehmer für das Blutvergießen verantwortlich. "Die Schuld an dieser Tragödie liegt bei den Terroristen, die sie verursacht haben", hieß es in einer schriftlichen Erklärung. Die USA arbeiteten weiterhin mit ihren Partnern eng zusammen, um die "Geißel des Terrorismus" in der Region zu bekämpfen.
Auch der britische Regierungschef David Cameron sieht die Verantwortung für die Taten allein bei den Terroristen. Mit Blick auf Kritik am Eingreifen des algerischen Militärs sagte er: "Es ist sehr schwierig, auf solche Situationen zu reagieren und alles richtig zu machen."
Frankreichs Präsident François Hollande verteidigte die Befreiungsaktion ebenfalls. Bei einem Geiseldrama mit so kaltblütigen Terroristen, die zum Töten bereit sind, habe ein Land wie Algerien keine andere Wahl gehabt, sagte Hollande. Die Regierung in Oslo stellte sich ausdrücklich hinter die letzte Militäraktion. Außenminister Espen Barth Eide sagte: "Wir haben Grund zu der Annahme, dass die algerischen Einsatzkräfte so lange mit ihrem Eingreifen gegen die Terroristen gewartet haben, wie das möglich war."
Die Anlage In Amenas war am Mittwoch von schwer bewaffneten Islamisten besetzt worden. Am Donnerstag griff das Militär erstmals an. Beim Sturm am Samstag wurden dann alle verbliebenen elf Terroristen getötet. Laut algerischem Radio hatten die Terroristen versucht, einen Teil der Anlage in Brand zu setzen. Das Areal wurde auch am Sonntag nach Minen abgesucht.
belga/dpa/mh/rkr - Bild: Farouk Batiche (afp)