Die algerische Armee hat das von Islamisten besetzte Gasfeld in der Wüste gestürmt und damit das Geiseldrama blutig beendet. Alle elf Terroristen seien getötet worden, berichtete die algerische Nachrichtenagentur APS Samstag. Zuvor hätten die Geiselnehmer sieben ausländische Geiseln getötet.
Die schwer bewaffneten Angreifer hatten die Anlage am Mittwoch besetzt und Geiseln genommen. Am Donnerstag griff das Militär die Anlage an. Die Islamisten hatten unter anderem das Ende des von Frankreich angeführten internationalen Militäreinsatzes in Mali verlangt.
Nach Informationen von "El Watan" sollen die Entführer am Samstagmorgen begonnen haben, ihre Geiseln zu töten. Die Armee habe dann die Anlage gestürmt. Für die sieben Ausländer - drei Belgier, zwei US-Amerikaner, ein Brite und ein Japaner - war es jedoch zu spät.
Laut Radiosender Chaine 3 hatten die Entführer am Freitagabend versucht, einen Teil der Anlage in Brand zu setzen. Dies sei von Armee und Mitarbeitern der Anlage verhindert worden.
Das Militär kündigte nach den Berichten eine Pressekonferenz zur Lage nach dem Angriff an.
Bei der Erstürmung der von Islamisten besetzten Gasanlage In Amenas waren 650 Geiseln befreit worden. Viele Menschen werden noch vermisst. Von den möglicherweise 32 Geiselnehmern wurden 18 nach algerischen Angaben "außer Gefecht gesetzt".
Öl- und Gasfirmen reagieren besonnen
Internationale Öl- und Gasfirmen in Algerien reagieren nach Darstellung der Deutsch-Algerischen Industrie- und Handelskammer besonnen auf die Geiselnahme. Außer bei BP habe er nirgendwo davon gehört, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter abzögen, sagte der Geschäftsführer Organisation in Algier, Christoph Partsch, am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Die Öl- und Gasfirmen überprüften lediglich ihre Sicherheitsvorkehrungen. "Zu mehr besteht meiner Meinung nach auch kein Anlass."
US-Außenministerin Hillary Clinton telefonierte am Freitag erneut mit dem algerischen Regierungschef Abdelmalek Sella, um sich über den Fortgang der algerischen Operation auf dem Gasfeld auf dem Laufenden zu halten. Weiterhin befinden sich auch Amerikaner in der Hand der Terroristen.
Der UN-Sicherheitsrat hat den Terrorangriff in der algerischen Wüste schärfstens verurteilt. Die Täter, die Hintermänner und Geldgeber dieses Terrorakts müssten vor Gericht gebracht werden, teilte das höchste UN-Gremium in einer Erklärung am Freitagabend mit. Es rief alle Staaten zur Unterstützung der algerischen Regierung auf. Alle Formen des Terrorismus stellten eine der ernsthaftesten Bedrohungen des Friedens und der Sicherheit dar.
Malis Armee erobert Kona
Malische Verbände eroberten die strategisch wichtige Stadt Kona in der Landesmitte zurück, deren Erstürmung durch Islamisten vergangene Woche Frankreichs Eingreifen provoziert hatte. "Wir haben Kona völlig unter Kontrolle", erklärte das Oberkommando in Bamako.
In den Reisfeldern im Umland von Kona wurde offenbar weiter gekämpft. Malische Truppen rückten aber weiter in Richtung auf die von Rebellen gehaltene Stadt Douentza vor und standen in Niono rund 60 Kilometer vor Diabali.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) befürchtet mehr als 700.000 Kriegsflüchtlinge in Mali. Seit Frühjahr 2012 seien 230.000 Menschen innerhalb Malis und fast 150.000 in benachbarte Länder geflohen. "Unsere aktuellen Planungen sind eingestellt auf bis zu 300.000 Menschen, die innerhalb Malis Zuflucht suchen, und 407.000, die in benachbarte Länder fliehen", sagte UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming.
Nach UN-Informationen gibt es in Mali schwere Übergriffe von Islamisten auf Zivilisten. Die Vorwürfe reichen vom Abtrennen von Gliedmaßen bis zu Vergewaltigungen und Zwangsverheiratungen von Mädchen mit Dschihadisten.
Ecowas bittet um mehr Unterstützung im Mali-Konflikt
Im Kampf gegen bewaffnete Islamisten in Mali hat die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas zu mehr internationaler Unterstützung aufgerufen. "Es ist an der Zeit, dass die Weltmächte und weitere Staaten und Organisationen die militärische Operation begleiten", sagte der Ecowas-Vorsitzende Alassane Ouattara am Samstag in Abidjan in der Elfenbeinküste. In dem "totalen und vielseitigen Krieg gegen Terrorismus in Mali" müsse die internationale Gemeinschaft nun ihre Solidarität mit Frankreich und Afrika zeigen, so der Präsident der Elfenbeinküste weiter.
In Abidjan haben sich die Führer der 15 Ecowas-Staaten versammelt, um ihre militärische Unterstützung aufeinander abzustimmen. Dabei geht es unter anderem um die Truppenstärke, den Zeitrahmen für einen Einsatz sowie die Finanzierung. Die Ecowas-Mitglieder haben bereits zugesagt, mehr als 3500 Soldaten nach Mali zu entsenden. Tschad, das nicht zur Ecowas gehört, will weiteren 2000 Soldaten den Marschbefehl geben.
Im Kampf gegen die islamistischen Rebellen in Mali hat Frankreich seine Truppen weiter verstärkt. "Heute befinden sich 2000 französische Soldaten auf malischem Boden", sagte Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian am Samstag im Fernsehsender "France 3 Bretagne". Eine weitere Verstärkung auf mehr als 2500 Soldaten sei nicht auszuschließen. Gemeinsam mit den benachbarten Ländern sind laut Le Drian derzeit 2900 französische Soldaten an der Operation Serval in dem westafrikanischen Land beteiligt.
Nach Ansicht des französischen Außenministers Laurent Fabius müssen afrikanische Soldaten rasch das Ruder in Mali übernehmen. Frankreich sei gezwungen gewesen, so schnell wie möglich einzugreifen, sonst gäbe es kein Mali mehr, sagte der französische Außenminister Laurent Fabius am Samstag dem Radiosender RTL, der ebenfalls an dem Treffen der Ecowas-Staaten teilnahm. Doch Frankreich müsse von den Afrikanern abgelöst werden. "Frankreich wird keine Mühen scheuen, die internationale Gemeinschaft zu mobilisieren, um Mali bei der Vernichtung des Terrorismus zu helfen".
Panetta: Schritte zum Schutz von Bürgern
Angesichts des Geiseldramas in Algerien und des Konflikts in Mali hat US-Verteidigungsminister Leon Panetta betont, dass die Vereinigten Staaten alles zum Schutz ihrer Bürger unternähmen. In einem Gespräch mit der BBC sicherte Panetta auch anderen Ländern der Region die Unterstützung der USA im Kampf gegen Extremisten zu. Ob dies eine direkte Intervention amerikanischer Streitkräfte bedeute, müsse später entschieden werden. Panetta sagte der britischen BBC: "Al-Kaida muss wissen, dass es keinen Fluchtpunkt gibt - in Algerien, Mali oder sonstwo. Wir werden keine Verstecke zulassen, von wo aus solche terroristischen Akte ausgeführt werden können."
Leon Panetta begrüßte zudem den französischen Militäreinsatz im Norden Malis. Seit gut einer Woche unterstützt Frankreich die malischen Streitkräfte mit Luftangriffen und Bodentruppen im Kampf gegen islamistische Rebellen.
afp/dpa/dradio/jp/rkr - Bild: Digitalglobe (afp)