Trotz aller Warnungen hat Nordkorea zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Weltraumrakete ins All geschossen und damit die internationale Gemeinschaft herausgefordert. Das kommunistische Land erklärte am Mittwoch, die Unha-3-Trägerrakete habe einen Forschungssatelliten wie geplant in die Erdumlaufbahn gebracht. Die USA, Südkorea, Japan und andere Staaten gingen jedoch davon aus, dass unter dem Deckmantel eines Satellitenstarts eine Interkontinentalrakete getestet werden sollte, die die USA erreichen könnte. Eine solche Rakete ist das wichtigste Trägermittel für atomare Sprengköpfe. Weltweit gab es scharfe Kritik.
Der Raketenstart fällt mit den Gedenkfeiern zum ersten Todestag von Kim Jong Il am 17. Dezember zusammen. Sein noch nicht 30-jähriger Sohn Kim Jong Un war kurz nach dem Tod des langjährigen Alleinherrschers zum neuen obersten Führer des Landes ausgerufen worden. Nach Meinung von Beobachtern will der neue Machthaber Stärke demonstrieren.
Zudem käme das Regime mit einem erfolgreichen Raketenstart seinem Anliegen näher, atomwaffenfähige Raketen zu bauen. Im Oktober hatte Nordkorea erklärt, eigene Raketen könnten die USA erreichen. Im April hatte das Regime mit einer Unha-3-Rakete noch ein Fiasko erlebt. Die Rakete war kurz nach dem Start explodiert. Das Land hatte 2006 und 2009 Atomtests unternommen.
Regionale Sicherheit bedroht
Der Einsatz der Raketentechnologie durch Nordkorea bedrohe die regionale Sicherheit und sei ein direkter Verstoß gegen geltende UN-Resolutionen, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates in Washington, Tommy Vietor. Auf Antrag der USA, Japans uns Südkoreas sollte sich der Weltsicherheitsrat mit dem Start befassen.
"Dieser provokatorische Akt verschärft die Spannungen in der Region und droht die koreanische Halbinsel weiter zu destabilisieren", hieß es in einer Erklärung von Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel. China bedauerte den Raketenstart. Nordkorea habe zwar das Recht auf eine friedliche Erkundung des Weltraums. Doch sei es verpflichtet, sich an die UN-Resolutionen zu halten, wonach es keine Raketen starten und sein Raketenprogramm einstellen solle, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking.
Die Europäische Union prüft nach Angaben ihrer Außenbeauftragten Catherine Ashton neue Sanktionen gegen das bereits weithin isolierte Land. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle forderte vor einem Treffen der Syrien-"Freundesgruppe" in Marrakesch: "Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sollte eine deutliche Antwort auf diese Völkerrechtsverletzung geben." Das Auswärtige Amt bestellte den nordkoreanischen Botschafter ein. Dem Diplomaten sei die Haltung der Bundesregierung zu dem völkerrechtswidrigen Raketenstart "unmissverständlich" klargemacht worden, teilte das Amt am Mittwochnachmittag mit.
"Die zweite Version des Kwangmyongsong-3-Satelliten hob an Bord der Trägerrakete Unha-3 erfolgreich vom Sohae-Raumfahrtzentrum ab", berichteten die nordkoreanischen Staatsmedien. Es habe sich um ein "bahnbrechendes" Ereignis gehandelt, das rund um Hauptstadt Pjöngjang spontane Freudenfeiern ausgelöst habe. Der Start sei auf Wunsch des früheren Machthabers Kim Jong Il erfolgt. Die Rakete sei um 9.49 Uhr (1.49 Uhr MEZ) von der Westküste gestartet. Ein Sprecher des Außenministeriums in Pjöngjang wurde mit den Worten zitiert, dass Nordkorea weiter sein Recht ausüben werde, Satelliten zu starten.
Auch nach ersten Einschätzungen Südkoreas und der USA verlief der Start der nordkoreanischen Rakete erfolgreich. Die Streitkräfte beider Länder gingen davon aus, dass ein auf die Rakete geladenes Objekt eine Erdumlaufbahn erreicht habe, teilte ein Sprecher des Ministeriums in Seoul mit. Den Angaben zufolge fiel die erste Stufe der Rakete in einer Höhe von 98 Kilometern vor der Westküste der koreanischen Halbinsel ins Wasser. Die zweite Stufe sei rund 2600 Kilometer vom Startort an der Westküste entfernt östlich der Philippinen ins Meer gestürzt.
Dirk Godder, dpa - Archivbild: John Thys (afp)