Nach den heftigen Massenprotesten gegen Präsident Mohammed Mursi hat das ägyptische Militär sich erstmals in den Konflikt eingeschaltet und ein Machtwort gesprochen. Im Streit um die künftige Verfassung müsse es einen Kompromiss geben, der im Interesse der Nation und der Menschen in dem Land ist, erklärte die Armeeführung am Samstag in Kairo.
Das gehe nur über einen Dialog. Alles andere werde Ägypten durch einen "dunklen Tunnel" in die Katastrophe führen. "Das werden wir nicht erlauben", warnte das Militär. Die staatliche Tageszeitung "Al-Ahram" berichtete unterdessen, Mursi wolle das Militär damit beauftragen, die Sicherheit auf den Straßen zu gewährleisten.
Mursi hatte die Opposition für Samstag zum Gespräch in seinen Palast eingeladen. Doch von den bekannten Aktivisten nahm nach Angaben einer Korrespondentin des Nachrichtensenders "Al-Dschasira" lediglich der Liberale Eiman Nur teil. Fast alle maßgeblichen Oppositionsführer hatten bereits am Vortag abgewunken.
Vor dem Präsidentenpalast setzten Demonstranten ihren Protest fort. Wie das Staatsfernsehen berichtete, schlugen Aktivisten Zelte in der Nähe des Amtssitzes im Stadtteil Heliopolis auf. Bislang war in Ägypten von sieben Toten und mehr als 770 Verletzten bei den Auseinandersetzungen zwischen Islamisten und Oppositionellen in mehreren Städten des Landes die Rede gewesen.
Die Aktivisten fordern von Mursi, dass er zunächst die Machtbefugnisse zurücknimmt, die er auf Kosten der Justiz ausgeweitet hatte. Zudem verlangen sie, dass das für den 15. Dezember geplante Referendum über den von Islamisten formulierten Verfassungsentwurf verschoben wird. Dazu erklärte sich Mursi nach Angaben seines Stellvertreters Mahmud Mekki am späten Freitagabend unter Vorbedingungen bereit.
Die Vorlage zur neuen Verfassung war von einer von Islamisten dominierten Versammlung erarbeitet worden. Die Opposition kritisiert, dass sich ihre Interessen in dem Verfassungsentwurf nicht wiederfinden und fordert eine Überarbeitung. Sie befürchtet zudem, dass der derzeitige Entwurf einer Islamisierung der Gesellschaft Vorschub leisten könnte. Denn vorgesehen ist danach ein größerer Einfluss der Religionsgelehrten.
dpa/rkr - Bild: Patrick Baz (afp)