Angesichts der schweren Zerstörungen durch Hurrikan "Sandy" hat die haitianische Regierung den Notstand ausgerufen.
Die Zeitung "Le Nouvelliste" berichtete in ihrer Online-Ausgabe, nach vorläufigen Schätzungen des nationalen Koordinationsbüros für Lebensmittelsicherheit (CSNA) sei ein Schaden von über 104 Millionen Dollar entstanden.
Der Ausnahmezustand erlaube es der Regierung, Notstandsmaßnahmen zu ergreifen, um den Menschen zu helfen und dem drohenden Hunger zu begegnen, sagte Gardy dem Blatt zufolge. Mindestens 60 Menschen kamen ums Leben und Tausende wurden obdachlos, seit die Ausläufer des Sturmes vor zwei Wochen Haiti trafen.
In Haiti war zuletzt im Januar 2010 der Ausnahmezustand ausgerufen worden. Damals hatte ein schweres Erdbeben die Hauptstadtregion und weite Teile des Südens zerstört und über 220.000 Menschen den Tod gebracht. Trotz umfassender internationaler Hilfe leidet das Land noch immer unter den Folgen der Katastrophe, ebenso wie unter der Cholera, die im Oktober desselben Jahres ausbrach und an der seitdem über 7600 Menschen gestorben sind.
Nach Angaben von Hilfsorganisationen hat die Zahl der Infizierten in den Tagen nach dem Sturm wegen der Überschwemmungen wieder zugenommen. Die Zahl der Patienten habe sich in den vergangenen Tagen fast verdoppelt, teilte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen mit.
Strom nur in Manhattan zurück
In Manhattan ist der Strom wieder da, doch für die anderen Opfer des Wirbelsturms "Sandy" innerhalb und außerhalb der USA hat sich die Lage eher verschlechtert. Zehntausende im New Yorker Finanzdistrikt haben zwar seit Samstag (Ortszeit) wieder Licht und Heizung, doch die anderen leiden unter einer Kältewelle. Auch Benzin ist nach wie vor knapp, die Schlangen sind teilweise mehr als einen Kilometer lang. In Haiti stehen die Menschen vor einem bitteren Winter, weil der Sturm die Ernten zerstört hat.
Mit Jubelrufen wurde am Samstagabend die Rückkehr der Elektrizität nach Südmanhattan gefeiert. Fünf Tage war der Finanzdistrikt ohne Strom und damit ohne Licht, ohne Heizung, ohne Wasser und ohne Fahrstühle. "Es ist ein unbeschreiblicher Luxus, einfach ein bisschen Licht zu haben und Wasser zum Händewaschen oder in der Toilette", sagte ein Anwohner. "Es war fast eine Woche ein bisschen Dritte Welt."
"Sandy"-Opfer leiden unter Kälte
Den Sturmopfern in anderen Teilen New Yorks und der US-Ostküste bereitet hingegen Sorgen, dass in den vergangenen Tagen die Temperatur um gut zehn Grad gefallen ist. Der Himmel über New York war zwar blau, der Wind bei knapp über null Grad in der Nacht zum Sonntag aber schneidend. Die Stadt verteilt Tausende Decken und fordert Frierende auf, in die beheizten Notunterkünfte zu kommen. In vielen Regionen kann es noch Tage dauern, bis Strom, Wasser und Heizung wiederkommen.
Trotz Sofortmaßnahmen von Stadt, Staat und Bund blieb auch Benzin extrem knapp. Die Army verteilte zwar aus Tanklastern kostenlos Benzin, doch vor diesen Verteilstellen bildeten sich ebenso wie vor den wenigen noch geöffneten Tankstellen lange Schlangen. Abhilfe soll in ein paar Tagen kommen. Zum einen wird mit Lastzügen Benzin und Diesel herbeigeschafft. Zum anderen sollen Raffinerien und Tankerhafen bald wieder voll arbeiten. Einige Tankstellen haben noch Benzin - können es wegen Stromausfalls aber nicht aus den Tanks pumpen.
Die Präsidentschaftswahl am Dienstag soll aber auf jeden Fall stattfinden. Allerdings sind einige Wahllokale noch ohne Strom. Möglicherweise müssten die Stimmen dann in Zelten oder in Containern auf Militärlastwagen abgegeben werden.
dpa/mh - Bild: Thony Belizaire (afp)