Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat bei der Eröffnung der neuen Botschaft seines Landes in Berlin mehr Anstrengungen zur Integration gefordert.
«Wir wollen, dass die Türken in Deutschland fließend Deutsch sprechen», sagte Erdogan am Dienstagabend. «In diesem Sinne müssen sie Doppelsprachler sein und sich mehr und mehr am Leben beteiligen.»
Zu der Feier kamen mehr als 1400 Gäste, darunter der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Nach fast 70 Jahren erhält die Türkei damit wieder eine Vertretung im historischen Botschaftsviertel der Hauptstadt. Allerdings ist das deutsch-türkische Verhältnis derzeit nicht frei von Spannungen.
Westerwelle sprach sich laut Redemanuskript in seinem Grußwort für eine weitere Annäherung zwischen der Türkei und der Europäischen Union (EU) aus. Der Stillstand in den Beitrittsverhandlungen seit zwei Jahren sei für beide Seiten nicht gut. Im kommenden Jahr solle hier ein «neuer Anfang» gemacht werden. Die Türkei habe viele Reformen verwirklicht. «Viel bleibt zu tun, aber wichtige Etappen sind geschafft», sagte Westerwelle.
Bei einer europapolitischen Rede bekräftigte Erdogan am Abend das Ziel eines EU-Beitritts seines Landes. «Wir bereiten uns darauf vor, dass wir Vollmitglied in der EU werden.» Auf die Frage, ob die Türkei bis 2023 EU-Mitglied sein werde, antwortete er: «So lange wird man uns nicht hinhalten, oder?» Als Problem benannte Erdogan allerdings die Zypern-Frage - die Türkei erkennt das EU-Mitglied Zypern nicht an.
Selbstbewusst bot der türkische Regierungschef auch Hilfe in der Euro-Krise an. «Wir erstarken von Tag zu Tag», sagte er. Die Türkei werde jeden Beitrag leisten, damit die Euro-Krise überwunden werden könne. Sein Land werde keine Belastung für die EU sein. «Wir kommen, um Last zu übernehmen», sagte Erdogan.
Bei der Botschaftseröffnung sagte Erdogan, Türken in Deutschland sollten nicht nur türkische Autoren kennen, «sondern auch Hegel, Kant und Goethe verstehen». In Deutschland leben rund 2,5 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln, in Berlin haben mehr als 100.000 Menschen einen türkischen Pass. Mehrere Gruppen, etwa die Minderheit der Aleviten, hatten Demonstrationen gegen Erdogan angekündigt.
dpa - Bild: Johannes Eisele (afp)