Nach einer kurzzeitigen Waffenruhe zum islamischen Opferfest herrscht in Syrien wieder blutiger Alltag. Die eigentlich auf vier Tage angelegte Feuerpause dauerte am Freitag keine drei Stunden, dann häuften sich Meldungen über Verstöße. Am Abend explodierte in Damaskus eine Autobombe.
Die Bombe soll nahe eines Kinderspielplatzes im Süden der Stadt detoniert sein, hieß es aus Oppositionskreisen. Das Viertel wird überwiegend von Sunniten bewohnt. Die Bevölkerungsgruppe bildet das Rückgrat des Aufstandes gegen Präsident Assad, einen Alawiten. Eine genaue Zahl der Toten war zunächst nicht bekannt. Viele Häuser seien beschädigt worden.
Armee und Rebellen gaben sich gegenseitig die Schuld an der neuen Gewalt. Nach Angaben von Oppositionellen wurden mehr als 50 Menschen bei Angriffen der Armee getötet. Landesweit soll es mehr als 100 Verstöße gegen die vom internationalen Syrien-Vermittler Lakhdar Brahimi eingefädelte Waffenruhe gegeben haben.
Die ersten Kämpfe entbrannten nach Angaben der Opposition am Morgen in der Provinz Idlib. Dort sollen unter anderem Anhänger der Al-Nusra-Front versucht haben, einen Militärstützpunkt zu stürmen. Die dem Terrornetz Al-Kaida nahestehenden Islamisten hatten schon vor einigen Tagen verkündet, dass für sie eine mit der Regierung vereinbarte Waffenruhe nicht gelte. Wenig später seien mehrere Gebiete im Großraum Damaskus, in Homs und Hama unter den Beschuss der Regierungstruppen geraten.
Die syrische Armee warf den Rebellen laut Staatsfernsehen vor, gegen die vereinbarte Feuerpause zu verstoßen, indem sie landesweit Stützpunkte des Militärs attackierten. Die Streitkräfte hatten am Donnerstag der Feuerpause zugestimmt, sich aber vorbehalten, auf Verstöße von anderer Seite zu reagieren. Die bewaffnete Opposition hatte sich schon vorher mit dem Vorschlag des Syrien-Vermittlers Brahimi einverstanden erklärt, über die Feiertage die Kämpfe einzustellen. Aber nur unter der Voraussetzung, dass sich auch die Armee daran halte.
Beobachter betrachteten die Waffenruhe von Anfang an skeptisch. Erst im April war ein Versuch gescheitert, die Gewalt zu beenden. Damals hatte Brahimis Vorgänger Kofi Annan eine Waffenruhe ausgehandelt, die jedoch sofort wieder gebrochen wurde. Zum Jahreswechsel hatte eine Beobachtermission der Arabischen Liga das Blutvergießen stoppen sollen. Doch nach einem Monat gab die Organisation angesichts der eskalierenden Gewalt den Plan wieder auf. Der seit mehr als 19 Monaten andauernde Konflikt hat inzwischen über 30.000 Menschen das Leben gekostet.
dpa/orf/mh - Bild: SRGC/AFP