Wegen der angeblichen Planung von Massenunruhen in Russland haben die Behörden den Oppositionsführer Sergej Udalzow offiziell angeklagt. Dem 35-jährigen Chef der Linken Front drohen bis zu zehn Jahre Straflager. Er wurde aber nicht verhaftet.
Der erbitterte Gegner von Kremlchef Wladimir Putin dürfe weiterhin seinen Wohnort Moskau nur mit Genehmigung verlassen, sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin, am Freitag der Agentur Interfax zufolge. Menschenrechtler zeigten sich empört über das Vorgehen der Justiz.
Die Ermittler werfen Udalzow vor, dass er mit finanzieller Unterstützung aus dem Ausland einen Umsturz geplant habe. Sie stützen sich auf den Propagandastreifen "Anatomie des Protests 2", den das Staatsfernsehen vor drei Wochen ausgestrahlt hatte. Der Familienvater weist die Anschuldigungen als politisch motiviert zurück. Die Anklage gegen Udalzow sei nur der Beginn drastischer Repressionen gegen die Opposition, sagte die Bürgerrechtlerin Ljudmila Alexejewa.
"Die Ermittler spielen irgendein Spielchen"
Er rechne weiterhin ständig mit seiner Festnahme, sagte Udalzow. Die Strafverfolger wollten ihn psychologisch brechen oder zu einer unerlaubten Flucht verleiten. "Die Ermittler spielen irgendein Spielchen", schrieb der Linkspolitiker bei Twitter. Zudem rief er zu weiteren Unterstützungsaktionen für politische Gefangene auf. Udalzow kündigte an, er werde nicht vor den Behörden fliehen. Zuvor hatte ein inhaftierter Putin-Gegner sein vermutlich unter Folter erzwungenes Geständnis zurückgezogen, in dem er Udalzow schwer belastet hatte.
Leonid Raswosschajew war vor einer Woche aus der Ukraine nach Russland verschleppt worden und nach eigener Aussage zwei Tage in einem Haus misshandelt worden. Behördensprecher Markin sagte, die Ermittler hätten auch ohne Raswosschajews Geständnis ausreichend Beweise. In dem Fall sitzt mit Konstantin Lebedew, einem Assistenten Udalzows, ein dritter Oppositioneller in Untersuchungshaft. Die Verteidigung kündigte an, den kremltreuen Fernsehsender NTW wegen des Films "Anatomie des Protests 2" zu verklagen.
dpa/br/mh - Bild: Adrey Smirnov (afp)