Die syrischen Streitkräfte stimmen einer viertägigen Waffenruhe zum islamischen Opferfest zu. Das teilte am Donnerstag die Armeeführung in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Erklärung mit. Die Waffen sollen von Freitagmorgen an schweigen. Allerdings wolle man auf Verstöße gegen die Feuerpause reagieren können, hieß es weiter.
Die oppositionelle Freie Syrische Armee hatte zuvor ebenfalls versprochen, sich an eine Waffenruhe zu halten. Das gelte aber nur so lange, wie das Regime von Baschar al-Assad sich mit Militärmaßnahmen zurückhalte, sagte der Rebellen-Oberst Kasim Saad Eddine.
Die Waffenruhe kommt auf Initiative des UN-Vermittlers Lakhdar Brahimi. Er hofft, dass sie den Beginn einer politischen Lösung markieren wird. Allerdings hat bereits die radikal-islamische Terrorgruppe Al-Nusra-Front angekündigt, dass für sie eine Vereinbarung mit dem Assad-Regime nicht gelte.
Bewährungsprobe
Für Brahimi wird dieser erste Versuch einer Waffenruhe zu einer Bewährungsprobe. Scheitert er, könnte ihn das gleiche Schicksal ereilen wie Kofi Annan. Der hatte nach gut fünf Monaten vergeblicher Vermittlungsbemühungen der Ende August seine Vermittlung im Syrienkonflikt im Auftrag von UN und Arabischer Liga aufgegeben.
Ab diesem Freitag sollen die Waffen in Syrien nun endlich schweigen. Vier Tage lang, anlässlich des wichtigsten Feiertags der Muslime "Eid al-Adha", will Brahimi ein wenig Frieden in das umkämpfte Land bringen. Der Konflikt, der vor mehr als 19 Monaten begann, hat schon mehr als 30.000 Menschen das Leben gekostet. Der Diplomat hofft, dass er dem Blutvergießen jetzt ein Ende bereiten kann. Sein Plan ist mutig, ist doch sein Vorgänger Kofi Annan schon unter besseren Voraussetzungen gescheitert.
Daran erinnern auch Oppositionelle, die die Initiative zwar milde begrüßen, aber nicht an einen Erfolg glauben. "Wer wird die Waffenruhe beobachten und wer wird sagen, welche Seite sie gebrochen hat?", fragt der Sprecher des Syrischen Nationalrats (SNC), George Sabra. Als Annans Feuerpause scheiterte, waren immerhin noch zwischen 150 und 300 UN-Beobachter in Syrien. "Jetzt kann jeder den anderen beschuldigen, Beweise gibt es nicht."
Die Waffenruhe im April hatte gerade einmal ein paar Stunden gehalten. Dabei hatte Annan den Konfliktparteien vor ihrem Beginn eine längere Vorlaufzeit gegeben. In einem Sechs-Punkte-Plan wurden das Ende der Gewalt, ein politischer Prozess zur Lösung des Konfliktes, die Freilassung der Gefangenen, eine Aufhebung der Medienblockade, ein ungehinderter Zugang humanitärer Organisationen und Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit festgeschrieben. Am Ende war der Plan das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben war.
Die erste Initiative des Annan-Nachfolgers Brahimi enthält nichts dergleichen. Und die Lage ist deutlich komplizierter geworden. Allein im August dieses Jahres wurden in Syrien rund 6300 Menschen getötet - die bislang höchste Zahl in einem Monat. Der Aktivist Rami Abdel Rahman von den syrischen Menschenrechtsbeobachtern sagt: "Zu Annans Zeiten war das Blutvergießen auf bestimmte Gebiete beschränkt." Jetzt habe sich die Gewalt weiter ausgebreitet und der Konflikt sei noch blutiger geworden. Der Oppositionelle rechnet daher nicht damit, dass die Waffenruhe auch nur die erst einmal geplanten vier Tage hält.
dpa/mh - Bild: Fabio Bucciarelli (afp)