Empfindliche Niederlage gegen das alte System: Ägyptens Präsident Mohammed Mursi hat nach gewalttätigen Protesten gegen seine Politik einen Machtkampf mit der Justiz verloren. Der von Mursi entlassene Generalstaatsanwalt Abdelmagid Mahmud bleibt nach einem zweitägigen Kräftemessen nun doch im Amt. Zuvor hatte der Jurist während eines dramatischen Auftritts erklärt, er werde seinen Posten nicht verlassen - außer er werde ermordet. Anhänger des neuen Präsidenten reagierten am Sonntag enttäuscht, weil sich in ihren Augen ein Vertreter des "alten Regimes" durchgesetzt hatte.
Abdelmagid Mahmud war 2006 zum Generalstaatsanwalt befördert worden. Damals herrschte in Ägypten noch Langzeitmachthaber Husni Mubarak. Im Streit mit Mursi hatte der Generalstaatsanwalt argumentiert, dass der Präsident gemäß der geltenden Verfassung gar nicht die Befugnis habe, ihn zu entlassen. Unterstützt wurde er von der Berufsgenossenschaft der Richter. Kurz darauf verkündeten staatliche ägyptische Medien eine Einigung: Der Generalstaatsanwalt dürfe bleiben.
Versuch, Anhänger besänftigen
Ägyptens neuer Präsident Mursi, dessen politische Heimat die Muslimbruderschaft ist, hatte den mächtigen Juristen am Donnerstag entlassen und ihm einen Posten als Botschafter im Vatikan angeboten. Das Staatsoberhaupt wollte mit diesem Schritt seine Anhänger besänftigen. Denn zuvor hatte der Freispruch für 24 ehemalige Funktionäre der Regierung des gestürzten Machthabers Mubarak für Empörung gesorgt. Die Mubarak-Vertrauten waren wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an der sogenannten "Kamel-Schlacht" angeklagt worden.
Am 2. Februar 2011 hatten Mubarak-Anhänger Männer auf Pferden und Kamelen zum Tahrir-Platz geschickt. Sie griffen die Demonstranten mit Messern und Knüppeln an, die den Rücktritt des damaligen Präsidenten forderten. Viele Ägypter machten Generalstaatsanwalt Abdelmagid Mahmud für die ihrer Meinung nach unfairen Freisprüche verantwortlich.
Auf dem Tahrir-Platz in Kairo kehrte derweil wieder Ruhe ein. Am Freitag waren rund 200 Menschen verletzt worden, als im Zentrum der Hauptstadt Islamisten und Vertreter von Parteien aus dem linken und liberalen Spektrum aufeinander losgingen. Die unabhängigen Tageszeitungen kritisierten am Samstag vor allem Anhänger der Muslimbrüder, die mit Stöcken und Eisenstangen um sich geschlagen hatten. Die Zeitung "Al-Tahrir" zog mit dem Titel "Die Kamel-Schlacht der Bruderschaft" gar einen Vergleich zu dem brutalen Vorgehen des Mubarak-Regimes.
Während die linken und liberalen Parteien ihren Protest gegen Präsident Mursi schon seit Wochen geplant hatten, riefen die Islamisten ihre Anhänger kurzfristig zur selben Zeit zu dem selben Ort, um gegen die Freisprüche der ehemaligen Mubarak-Funktionäre zu demonstrieren. Nach kurzer Zeit brach die Gewalt aus.
dpa/mh - Bild: Khaled Desouki (afp)