Nach der erzwungenen Landung eines syrischen Passagierflugzeuges in der Türkei hat Damaskus den syrischen Luftraum für türkische Passagiermaschinen gesperrt. Die Maßnahme gelte von Mitternacht an, teilte das syrische Außenministerium in einer Erklärung am Samstagabend mit.
Es sei die Antwort auf die Entscheidung der türkischen Regierung, keine syrischen Zivilflugzeuge in seinem Luftraum zu dulden, wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana weiter berichtete. Die Türkei hatte nach Medienangaben erklärt, sie behalte sich das Recht vor, verdächtige syrische Passagiermaschinen zur Ladung zu zwingen.
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle mahnte die Türkei unterdessen zur Zurückhaltung. Bei einem Treffen mit Außenminister Ahmet Davutoglu am Samstag in Istanbul forderte er den Nato-Partner auf, den bisherigen "besonnenen Kurs" fortzusetzen. Zugleich betonte er: "Die Türkei steht nicht allein, sondern hat auch die Solidarität der Bundesregierung."
Davutoglu bedankte sich ausdrücklich für die deutsche Unterstützung. Er fügte jedoch hinzu, bei weiteren schweren Grenzverstößen durch Syrien werde die Türkei selbstverständlich "ein Handeln entgegensetzen". Dabei gehe es auch um Abschreckung. Zugleich erinnerte er an die Beistandspflichten innerhalb der Nato. Wörtlich sagte er: "Die türkische Grenze hat den gleichen Stellenwert wie die norwegische Grenze."
Auch der Syrien-Sondergesandte Lakhdar Brahimi bemühte sich in Istanbul um eine Entspannung der Lage. Er sprach etwa eine Stunde lang mit den türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül, meldete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Später traf er auch mit Davutoglu zusammen. Der Algerier, der seit dem 1. September Sondergesandter der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga für Syrien ist, tritt für eine politische Lösung des Konflikts ein und lehnt einen Militäreinsatz ab.
Der syrische Airbus A-320 war am Mittwochabend von türkischen F-16-Kampfflugzeugen abgefangen und zur Landung auf dem Esenboga-Flughafen in Ankara gezwungen worden. Nach Angaben des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu lagen dem türkischen Geheimdienst Informationen über eine verdächtige Fracht vor. Erdogan bestätigte den Fund "militärischer Güter" in der Maschine.
Die russische Regierung hatte die Beschuldigungen am Freitagabend erneut zurückgewiesen. Das Flugzeug habe eine völlig legale Lieferung von Radarteilen an Bord gehabt, sagte Außenminister Sergej Lawrow nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau.
Menschenrechtler beklagen Einsatz von Streubomben
Die syrische Luftwaffe setzt nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten im Krieg gegen die Aufständischen auch weithin geächtete Streubomben ein. Dies belegten Videos und Berichte von Augenzeugen, teilte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) am Sonntag in New York mit. Demnach wurde die Streumunition unter anderem aus Hubschraubern abgeworfen.
Streubomben verteilen große Mengen von Sprengkörpern über weite Flächen, Menschen werden wahllos verletzt und getötet. Als Blindgänger sind sie vor allem für die Zivilbevölkerung gefährlich. Einer 2008 unterzeichneten Konvention, die den Gebrauch der heimtückischen Bomben verbietet, hat sich Syrien nicht angeschlossen.
Human Rights Watch warf dem syrischen Regime Geringschätzung der Zivilbevölkerung vor. Syrien solle den Einsatz dieser rücksichtslosen Waffen, die Menschen töteten oder zu Krüppeln machten, sofort beenden, heißt es.
Streumunition ist nach Angaben der Aktivisten vor allem an Orten entlang der Autobahn von Aleppo nach Damaskus sowie in der nordwestlichen Stadt Maarat al-Numan eingesetzt worden. Dort hatte es in der vergangenen Woche massive Gefechte zwischen Rebellen und Regierungstruppen gegeben. Informationen über Todesopfer hatte die Organisation zunächst nicht.
Im Juli hatte Human Rights Watch zum ersten Mal den Verdacht geäußert, dass das Regime von Baschar al-Assad Streumunition einsetzt. Damals waren Videoaufnahmen aus einer Region nahe der Stadt Hama aufgetaucht.
dpa/mh/sh - Bild: Louai Beshara (afp)