Die EU wird mit dem Friedensnobelpreis 2012 ausgezeichnet. Das gab das norwegische Nobelkomitee in Oslo bekannt. Komiteechef Thorbjörn Jagland begründete die Entscheidung damit, dass die Europäische Union über sechs Jahrzehnte entscheidend zur friedlichen Entwicklung in Europa beigetragen habe.
Das fünfköpfige Komitee hob in seiner Begründung die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg als herausragendes Ergebnis der europäischen Integration heraus. Beide Länder seien in drei Kriege gegeneinander verwickelt gewesen. "Heute ist Krieg zwischen Deutschland und Frankreich undenkbar", hieß es weiter.
Komiteechef Jagland nannte als weitere Leistungen der EU die Förderung der demokratischen Entwicklungen in südeuropäischen Ländern. Hinzu komme die Integration osteuropäischer Staaten nach dem Mauerfall 1989. Er nannte auch die Befriedung des Balkans. "Dies ist ein historischer Preis sowohl in langfristiger wie in aktueller Perspektive." Der Friedensnobelpreis ist mit umgerechnet 930 000 Euro dotiert.
Bereits eine Stunde vor der offiziellen Verkündung hatte der norwegische Rundfunk- und TV-Sender NRK die Entscheidung vermeldet. Dies ist für die Tradition des Friedensnobelpreises ungewöhnlich. Bereits am Vorabend hatten sich Spekulationen in Oslo verbreitet, wonach die EU als "erfolgreiches Friedensprojekt" nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem weltweit hochgeachteten Preis ausgezeichnet werden solle. Komiteechef Jagland sowie der Direktor des Nobelinstitutes, Geir Lundestad, gelten seit mehreren Jahren als Verfechter der Vergabe an die EU.
Entscheidung aller fünf Mitglieder
Jagland hatte vorab erklärt, dass die diesjährige Entscheidung einstimmig von allen fünf Mitgliedern getragen werde. Das Komitee ist nach einem Parteienproporz zusammengesetzt, der auch zwei EU-kritische Parteien berücksichtigt. Im Vorfeld waren auch die russische Menschenrechtsorganisation Memorial und deren Mit-Gründerin Swetlana Gannuschkina (70) als möglicher Preisträger gehandelt worden.
Nach dem Testament des Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896) soll derjenige mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet werden, der im jeweils voraufgegangenen Jahr am meisten für den Frieden getan habe.
Im letzten Jahr wurden drei Frauen ausgezeichnet. Die Journalistin Tawakkul Karman aus dem Jemen teilte sich den Preis mit der liberianischen Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf und Leymah Gbowee, ebenfalls aus Liberia.
Die EU als Akteur auf der internationalen Bühne
Die Europäische Union bemüht sich seit Jahren auch außerhalb der eigenen Grenzen um die Verhinderung und Entschärfung von Konflikten. Dies geschieht einerseits auf diplomatischem Wege: Die EU ist (gemeinsam mit Russland, den USA und den Vereinten Nationen) Mitglied des Nahost-Quartetts. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton verhandelt auch im Atomkonflikt mit dem Iran im Namen der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und Deutschlands.
Die EU bemüht sich um besonders enge Beziehungen zu den nordafrikanischen und den osteuropäischen Staaten. In vielen Fällen finanziert die EU Projekte zur Schaffung von Arbeitsplätzen vor allem für junge Menschen. Die Europäische Union sowie deren Mitgliedstaaten finanzieren knapp die Hälfte der gesamten Entwicklungshilfe. 2010 waren das 54 Milliarden Euro.
Zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) gehört eine Reihe von zivilen und militärischen Einsätzen in Krisenregionen. Dabei ist stets eine Anforderung seitens der Vereinten Nationen oder großer regionaler Organisationen wie beispielsweise der Afrikanischen Union die Voraussetzung. Zu diesen Einsätzen gehört die Ausbildung somalischer Soldaten in Uganda, die Bekämpfung der Piraterie im Indischen Ozean, die Hilfe beim Aufbau von Polizei und Justiz im Kosovo, Polizeimissionen in Afghanistan, im Palästinensergebiet, im Niger und im Kongo sowie Beobachter in Georgien.
dpa/jp - Archivbild: Heiko Junge (afp)