Türkische Behörden haben Medienberichten zufolge an Bord eines in Ankara zur Landung gezwungenen syrischen Passagierflugzeugs militärisches Gerät gefunden. Es handele sich um Teile von Raketensystemen und Kommunikationsausrüstung. Die Ladung sei offenbar für die Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad bestimmt gewesen.
Die Maschine war in Moskau gestartet. Russland ist einer der wichtigsten Verbündeten und Waffenlieferant des Assad-Regimes. Nachdem die verdächtigen Teile beschlagnahmt worden seien, habe der Airbus A-320 mit seinen 35 Passagieren an Bord am frühen Morgen Ankara in Richtung Damaskus verlassen.
Widersprüchliche Angaben
Nach der erzwungenen Landung einer syrischen Passagiermaschine in der Türkei gibt es widersprüchliche Angaben über die beschlagnahmte Ladung. Türkische Medien berichteten von einer 300 Kilogramm schweren Fracht, die für das syrische Verteidigungsministerium bestimmt gewesen sei. Darunter seien auch Ausrüstungsgegenstände, die als Bauteile für Raketen verwendet werden könnten.
Aus Moskau hieß es dagegen, es seien keine russischen Militärgüter an Bord gewesen.
Russland fordert Erklärung
Russland hat die Türkei zu einer Erklärung über die erzwungene Landung eines syrischen Passagierflugzeugs aus Moskau aufgefordert. Zugleich sagte Kremlchef Putin eine für Montag geplante Türkei-Reise ab. Nach offiziellen Angaben kann sich Putin wegen anderer Termine nicht mit dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan treffen. Das Außenministerium in Moskau teilte mit, Russland sei besorgt, dass Leben und Sicherheit der 17 russischen Bürger, die sich an Bord der Maschine befanden, gefährdet worden seien.
Maschine abgefangen
Türkische F-16-Kampfflugzeuge hatten die syrische Maschine am Abend abgefangen und zur Landung auf dem Esenboga-Flughafen in Ankara gezwungen. Nach Angaben Davutoglus lagen dem türkischen Geheimdienst Informationen über «verdächtige Fracht» vor. «Wir sind entschlossen, den Zufluss von Waffen an ein Regime zu stoppen, das rücksichtslos Massaker an der eigenen Bevölkerung begeht», sagte er laut Nachrichtenagentur Anadolu.
Das türkische Onlineportal ntvmsnbc meldete, dass sich an Bord des syrischen Airbus Teile von Raketensystemen befunden hätten. Laut Onlineausgabe der Zeitung «Hürriyet» wurde auch Funkausrüstung, darunter Störsender, sichergestellt.
Unter den 35 Passagiere hätten sich auch mehrere Russen befunden, die während des erzwungenen Zwischenstopps in Ankara vom russischen Botschafter betreut worden seien, hieß es bei ntvmsnbc. Moskau habe von der Regierung in Ankara eine Erklärung gefordert, meldete der arabische Nachrichtensender Al-Arabija.
Angespannte Lage
Aus Furcht vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen von syrischer Seite wurden türkische Verkehrsflugzeuge aufgefordert, vorerst nicht mehr den syrischen Luftraum zu durchfliegen.
Die Beziehungen zwischen Ankara und Damaskus sind höchst angespannt. Die Türkei stellt sich im Syrienkonflikt offen auf die Seite der Aufständischen und hat an die 100.000 Flüchtlinge und wichtige Oppositionelle aufgenommen. Im Juni schoss Syrien einen türkischen Kampfjet ab. Seit rund einer Woche schlagen im türkischen Grenzgebiet immer wieder Granaten aus Syrien ein, die Türkei feuert zurück. Erst am Mittwoch hatte die Türkei angekündigt, «mit größerer Wucht» zurückzuschlagen, sollten die Attacken kein Ende haben.
Die syrische Führung warf der Türkei vor, sie habe die jüngsten Angriffe an der Grenze selbst inszeniert. Die regierungsnahe syrische Tageszeitung «Al-Watan» schrieb am Mittwoch, Ziel dieser Taktik sei es, die Einrichtung eines «befreiten Gebietes» im Norden der syrischen Provinz Idlib durchzusetzen.
dpa/cd - Bild: Adem Altan (afp)