Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will Griechenland bei der Bewältigung seiner Schuldenkrise mehr Zeit einräumen und schließt auch ein drittes Rettungsprogramm nicht aus. Athen werde sich in den kommenden sieben bis acht Jahren nicht selbst Geld leihen können. "So lange werden wir helfen müssen", sagte Steinbrück der "Welt am Sonntag". "Die Griechen müssten zu ihren Verpflichtungen stehen, aber wir sollten ihnen mehr Zeit geben."
Steinbrück forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, den Deutschen "endlich die Wahrheit zu sagen". Ein Euro-Austritt der Griechen müsse verhindert werden. "Die politischen und ökonomischen Erschütterungen wären verheerend", sagte der frühere deutsche Finanzminister der Zeitung. Zusätzliche Hilfen für das vor dem Staatsbankrott stehende Griechenland schloss er nicht aus. "Ob die SPD im Bundestag einem dritten Hilfspaket für Athen zustimmen würde, kommt auf die Bedingungen an."
"Troika" kehrt zurück
Griechenland wartet derzeit auf die Auszahlung der nächsten Hilfskredite in Höhe von 31,5 Milliarden Euro. Am Montag (1.10.) setzt die "Troika" der internationalen Geldgeber ihre Kontrollen des Reformprogramms in die griechische Hauptstadt fort. Medienberichten zufolge wird Athen die nächsten Hilfszahlungen selbst bei Verstößen gegen Sparauflagen erhalten. Hintergrund sei die Angst vor den Folgen einer Staatspleite. "Die Angst vor einem Dominoeffekt ist zu groß", sagte ein EU-Diplomat der "WirtschaftsWoche".
In Brüssel wurden die Berichte nicht bestätigt. Es bleibe bei dem Verfahren, dass die Troika im Oktober ihren Bericht vorlege und dann entschieden werde, hieß es. "Der Troika-Bericht wird so ausfallen, dass die Politik das Geld freigeben kann", zitiert der "Focus" hingegen aus Kreisen des Europäischen Parlaments. Die Regierung in Athen hatte sich in der vergangenen Woche auf ein neues, knapp zwölf Milliarden Euro schweres Sparprogramm geeinigt, das noch das Parlament passieren muss.
Seit Monaten wird damit gerechnet, dass der Troika-Bericht Defizite bei der Umsetzung der Reformen und der Eindämmung des Haushaltsdefizits ans Licht bringt. Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" sind sich EU, Internationaler Währungsfonds (IWF) und Europäische Zentralbank (EZB), die gemeinsam die Troika stellen, aber uneins über den besten Weg, Griechenland entgegenzukommen. "Es wird immer deutlicher, dass diese Troika eine schwierige Kombination ist", wird ein Notenbanker zitiert.
Bereits vor Monaten brachten Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker und wenig später auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) - wie jetzt Steinbrück - einen zeitlichen Aufschub bei den Athener Reformen ins Spiel. Zwischenzeitlich hatten jedoch vor allem Politiker von CSU und FDP den Eindruck erweckt, als müsse Griechenland wegen mangelnden Sparwillens die Eurozone verlassen. In den vergangenen Wochen waren diese Stimmen aber weitgehend wieder verstummt.
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